EconStor-Umfrage 2024: Hohe Nutzungszufriedenheit, aber „Luft nach oben“ beim Verständnis der Funktionsweise

Von Ralf Toepfer und Olaf Siegert

Das disziplinäre Open-Access-Repositorium EconStor wurde im Jahr 2009 von der ZBW aus der Taufe gehoben und verzeichnet heute mehr als 280.000 Veröffentlichungen aus den wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen, die von mehr als 700 Forschungsinstitutionen und etwa 1.000 Einzelautor:innen weltweit stammen. Alle auf EconStor versammelten Volltexte (vor allem Working Papers und Zeitschriftenaufsätze) sind im Sinne des Open Access frei und dauerhaft zugänglich. Mit etwa 10 Millionen Downloads pro Jahr (Durchschnittswert der vergangenen fünf Jahre, 2020–2024) trägt EconStor maßgeblich zur Informationsversorgung der Wirtschaftswissenschaften bei.

Hintergrundinformation zur EconStor-Umfrage

Im Jahr 2022 führten wir eine erste EconStor-Umfrage durch, mit dem Ziel, die Zufriedenheit der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsgemeinschaft mit EconStor zu eruieren und Vorschläge für die Weiterentwicklung zu erhalten. Zwei Jahre später haben wir die Umfrage im Kern wiederholt und um einige neue Akzente ergänzt. In diesem kurzen Bericht möchten wir die Ergebnisse der EconStor-Umfrage 2024 vorstellen und mit den Kernergebnissen der Umfrage von 2022 kursorisch abgleichen. Da es sich bei den EconStor-Umfragen nicht um eine Längsschnittstudie handelt, bei der wiederholt Fragen innerhalb derselben Teilnehmendengruppe durchgeführt werden, sind die Ergebnisse beider Umfragen nur begrenzt vergleichbar. In beiden Umfragen zeigten sich circa 95 % der befragten Forschenden mit EconStor sehr zufrieden oder zufrieden, regten allerdings auch an, das Informationsangebot über das Repositorium auf der EconStor-Website zu verbessern und verstärkt Marketing zu betreiben.

Ergebnisse der EconStor-Umfrage 2024

Die Umfrage wurde zwischen dem 15. Oktober und 08. November 2024 durchgeführt. Sie wurde über die EconStor-Website und durch Mailings an Forschende in Deutschland sowie an EconStor-Nutzende in aller Welt beworben. Insgesamt erhielten wir 190 Antworten, von denen 115 Fragebögen vollständig ausgefüllt wurden. Von den Befragten stammten 45 % aus Deutschland und weitere 20 % aus dem übrigen Europa. Was die Affiliation betrifft, forschten etwas mehr als die Hälfte der Befragten an Universitäten, etwa ein Viertel der Befragten an außeruniversitären Forschungseinrichtungen und weitere etwa 10 % an Fachhochschulen. Etwa 52 % der Befragten waren Professor:innen, 25 % Forschende oder Postdocs und weitere etwa 9 % Doktorand:innen.

Abbildung 1: EconStor-Nutzungsumfrage 2024: Teilnehmende nach akademischem Status

Disziplinspezifisch ordneten sich die Befragten mit 62 % mehrheitlich der Volkswirtschaftslehre zu, gefolgt von 21 % Betriebswirtschaftslehre sowie 8 % Politikwissenschaften. Der Rest stammte aus weiteren angrenzenden Wissenschaftsdisziplinen, wie zum Beispiel der Soziologie. Die VWL-Dominanz mag daher stammen, dass die Working-Paper-Kultur im Vergleich zur BWL deutlich stärker ausgeprägt ist und der Content auf EconStor daher auch mehr aus dem Bereich VWL als aus dem Bereich BWL stammt.

Bekanntheit und Umfeld von EconStor

EconStor ist den Befragten gut bekannt: etwa 73 % kennen EconStor schon länger als ein Jahr und 61 % sogar länger als drei Jahre. Die Antworten kamen dementsprechend vor allem von erfahrenen, langjährigen EconStor-Nutzenden. Fast 45 % der Befragten haben EconStor durch Google/Google Scholar kennengelernt und etwa 19 % durch Empfehlungen von Kolleg:innen. Weitere 12,5 % lernten EconStor über RePEc kennen. EconStor wird von den Befragten regelmäßig genutzt: Fast ein Viertel nutzt EconStor monatlich und ein Fünftel sogar wöchentlich. Neben EconStor nutzen die Befragten eine breite Palette an Angeboten, um auf ökonomische Paper zugreifen zu können. Wie die folgende Grafik zeigt, wird hier vor allem Google Scholar (23,7 %) genannt, gefolgt von ResearchGate (15,1 %) und Google (13,8 %). Aber auch RePEc (11,9 %), SSRN (12,4 %) und die Webseiten kommerzieller Verlage (11,9 %) werden für den Zugriff auf wirtschaftswissenschaftliche Veröffentlichungen genutzt.

Abbildung 2: EconStor-Nutzungsumfrage 2024: Suchmaschinen und Portale für den Zugriff auf ökonomische Veröffentlichungen

Searching & Browsing im Portal

Etwa 50 % der Befragten nutzen die Such- und Browsing-Funktionen von EconStor, wobei vor allem die Suchfunktion verwendet wird. Fast 97 % der Befragten gaben an, alle relevanten Informationen, wie zum Beispiel Autor:innen, Zusammenfassungen (Abstracts) oder auch Keywords, über eine Veröffentlichung zu erhalten, wenn sie bei EconStor Dokumente suchen. Gleichwohl besteht der Bedarf an weiteren Informationen auf der EconStor-Website. So gaben etwa 1/3 der Befragten an, sich nicht gut genug informiert zu fühlen.

Abbildung 3: EconStor-Nutzungsumfrage 2024: Informationsangebote über EconStor

Self-Uploads

Autor:innen können ihre Arbeiten bei EconStor selbst hochladen (Self-Upload), wobei diese Funktion Doktorand:innen der Wirtschaftswissenschaften an akademischen Einrichtungen vorbehalten ist. Die Möglichkeit des Self-Uploads ist circa der Hälfte (49,6 %) der Befragten bekannt und mehr als 91 % sind mit dem Self-Upload-Service zufrieden (51 %) oder sehr zufrieden (41 %). Die von EconStor beim Self-Upload ergriffenen Qualitätssicherungsmaßnahmen, wie Plagiatsprüfung, Zeitschrifteneintrag im Directory of Open Access Journals (DOAJ) oder auch die persönlichen Voraussetzungen für die Registrierung, werden von den Befragten überwiegend als wichtig eingeschätzt.

Abbildung 4: EconStor-Nutzungsumfrage 2024: Qualitätssicherungsmaßnahmen

Bewertung weiterer EconStor-Services

Neben dem Self-Upload sowie den Such- und Browsing-Optionen bietet EconStor noch einige weitere Dienste an. Mit mehr als 90 % wird der Distributionsservice (Dissemination) von den Befragten am wichtigsten eingeschätzt. Der Distributionsservice umfasst die Weitergabe der Metadaten an Suchmaschinen wie Google, Google Scholar oder BASE (Bielefeld Academic Search Engine) und an wissenschaftliche Datenbanken wie WorldCat, OpenAIRE und EconBiz. Die Bereitsstellung von Download-Statistiken wird von etwa drei Viertel der Befragten als wichtig oder sehr wichtig angesehen. Die Möglichkeit, Metadaten zu exportieren und Arbeiten mit den zugrundeliegenden Forschungsdaten zu verknüpfen, ist ebenfalls von Bedeutung, allerdings in geringerem Maße.

Abbildung 5: EconStor-Nutzungsumfrage 2024: Bedeutung weiterer EconStor-Services

Zufriedenheit mit EconStor insgesamt

EconStor erzielte in der Befragung 2024, wie schon 2022, hohe Zufriedenheitsraten. Etwa 95 % der Befragten zeigten sich mit EconStor zufrieden (56,1 %) oder sogar sehr zufrieden (39,3 %).

Abbildung 6: EconStor-Nutzungsumfrage 2024: Zufriedenheit mit EconStor

EconStor weiterempfehlen würden 81,4 % der Befragten, lediglich 14,2 % gaben an, nicht zu wissen, ob sie EconStor Kolleg:innen weiterempfehlen sollten. Als Gründe EconStor nicht weiterempfehlen zu wollen, wurde unter anderem genannt, dass man Google Scholar bevorzuge oder auch dass man EconStor nicht aktiv selbst nutze, da die eigene Forschungseinrichtung dies für die Autor:innen übernehme. Insbesondere der Hinweis auf eine Bevorzugung von Google Scholar deutet auf eine gewisse Unwissenheit bezüglich der Funktion von EconStor als Repositorium hin. Möglicherweise besteht der Bedarf, EconStor noch besser als bislang zu erklären und umfangreichere Informationsangebote über die Funktionsweise von EconStor bereitzustellen.

Social-Media-Nutzung der Befragten

Im Unterschied zur Umfrage 2022 haben wir uns in 2024 nach der Social-Media-Nutzung der EconStor-Nutzenden erkundigt. Heraus kam, dass mehr als die Hälfte der Befragten Social-Media-Kanäle nutzt, um auf ihre aktuellen Forschungsergebnisse aufmerksam zu machen.

Abbildung 7: EconStor-Nutzungsumfrage 2024: Nutzung von Social-Media-Kanälen

Bevorzugt genutzt werden LinkedIn, ResearchGate und X (Twitter), wobei darauf hinzuweisen ist, dass unsere Umfrage vor dem Massenaustritt vieler Wissenschaftseinrichtungen aus X durchgeführt wurde (Eine nicht repräsentative Umfrage von Nature berichtet, dass etwa 53 % der befragten Forschenden X verlassen haben und nun vor allem Bluesky nutzen, da Bluesky „…nicer, kinder and less antagonistic to science than X“ sei.).

Fazit

Die Umfrage 2024 bestätigt im Wesentlichen die Ergebnisse der Befragung von 2022: So sind jeweils über 90 % der Befragten zufrieden oder sehr zufrieden mit EconStor und seinen Services. Auch das Profil der Befragten bezüglich ihres akademischen Status oder der Altersaufteilung ähnelt sich bei beiden Umfragen. Optimierungspotenzial wird jeweils vor allem bezüglich der Informationsangebote auf der EconStor-Website und dem allgemeinen Bekanntheitsgrad von EconStor gesehen.

Das EconStor-Team wird die Erkenntnisse bei der Weiterentwicklung des Services berücksichtigen. So werden aktuell bereits verschiedene Maßnahmen diskutiert, unter anderem eine Anpassung der Website, die Erstellung eines Newsletters zu neuen Inhalten sowie verschiedene Social-Media-Aktivitäten. Darüber hinaus wurde im Sinne einer Good Governance zwischenzeitlich bereits ein international besetztes Advisory Board berufen, das EconStor zukünftig vor allem bei strategischen Fragen beraten soll.

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Über die Autoren:
Ralf Toepfer arbeitet in der Abteilung Publikationsdienste der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, in der er unter anderem disziplinspezifische Services für das Management wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsdaten betreut, Publikationsanalysen im Kontext der Open-Access-Transformation erstellt und beim Aufbau der Open Library Economics (OLEcon) unterstützt. Er ist auch auf Mastodon zu finden.

Olaf Siegert leitet die Abteilung Publikationsdienste der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft und engagiert sich als ihr Open-Access-Beauftragter. Er ist zudem für das Thema Open Access in verschiedenen Gremien und Netzwerken aktiv, unter anderem bei der Leibniz-Gemeinschaft, der Allianz der Wissenschaftsorganisationen und bei LIBER.

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