Barcamp Open Science 2024: Open Science und gefährdete Forschende
Was sind die wichtigsten Themen, Ressourcen sowie aktuellen Initiativen zur Unterstützung von vertriebenen und gefährdeten Forschenden? Wie können Institutionen ihnen helfen? In einer Session auf dem diesjährigen Barcamp Open Science wurde ihre Situation besprochen, um Empfehlungen abzuleiten.
von Dr. Johanna Havemann
Eine Session auf dem diesjährigen Barcamp Open Science befasste sich mit der Situation von Forschenden, die Gefahren ausgesetzt sind. Die Bewahrung von Forschungsergebnissen während eines Konflikts oder Krieges ist entscheidend für den Schutz wissenschaftlicher Arbeit und kulturellen Erbes. Die Archivierung und Bereitstellung sicherer Räume für wissenschaftliche Ergebnisse schützt nicht nur das geistige Eigentum gefährdeter Wissenschaftler:innen, sondern stellt auch sicher, dass die Communities das Eigentum an ihrer Arbeit behalten. Darüber hinaus kann die Aufnahme von vertriebenen Wissenschaftler:innen in Forschungseinrichtungen den Wissensaustausch und die Kontinuität in akademischen Bereichen fördern.
Durch gemeinsame Anstrengungen können Institutionen und internationale Organisationen die geistigen Beiträge von Forschenden in Konfliktgebieten schützen. Die Gewährleistung eines kontinuierlichen Zugangs zu Forschungsergebnissen und die Möglichkeit für gefährdete Wissenschaftler:innen, mit der globalen akademischen Gemeinschaft in Verbindung zu bleiben, sind für die Erhaltung des Wissens und die Förderung des Friedens von wesentlicher Bedeutung.
Zentrale Themen und aktuelle Initiativen
- Digitale Archivierung von Forschungsergebnissen
- Herausforderungen für vertriebene Forschende
- Kollaborative Communities und Unterstützungsnetzwerke
Während eines Krieges oder Konflikts müssen die Forschungsergebnisse in sicheren digitalen Repositorien aufbewahrt werden. Es gibt mehrere Bemühungen, dies zu erreichen:
- Die Confederation of Open Access Repositories (COAR) bietet Leitlinien für die Bewahrung von Forschungsergebnissen in Krisenzeiten und deren Rückgabe an die Communities durch Absichtserklärungen (MoUs), um die lokale Eigenverantwortung sicherzustellen.
- Initiative zur Archivierung wissenschaftlicher Ergebnisse: Die Initiative “Archives Not Weapons” setzt sich dafür ein, dass Archive als Ressourcen zur Sicherung von Wissen und kulturellem Erbe behandelt werden.
- Best-Practice-Beispiel: Das Projekt Science for Ukraine konzentriert sich auf die Bewahrung ukrainischer Forschungsergebnisse inmitten des anhaltenden Konflikts.
- Die TIB archiviert ukrainische Open-Access-Zeitschriften: Die Leibniz-Informationsbibliothek für Technik und Naturwissenschaften (TIB) bemüht sich systematisch um die Sicherung ukrainischer Open-Access-Zeitschriften: Rettung von Kulturgut: Wie die TIB ukrainische Open-Access-Zeitschriften systematisch und dauerhaft sichert.
- RUArxive konzentriert sich auf die Archivierung russischer Medien, die aufgrund des politischen Klimas gefährdet sind.
Viele Forschende sind derzeit nicht in der Lage, effektiv zu arbeiten, weil sie in Flüchtlingslagern oder anderen prekären Situationen festsitzen. Die Europäische Kommission hat Leitlinien für die Aufnahme von gefährdeten Wissenschaftler:innen in akademische Programme erstellt (Guidelines for Researchers at Risk). Andere Organisationen wie Scholars at Risk bieten begrenzte Kapazitäten zur Unterstützung gefährdeter Wissenschaftler:innen an.
Mehrere Communities und Plattformen widmen sich der Unterstützung von gefährdeten Wissenschaftler:innen. Das Institute for Globally Distributed Open Research and Education (IGDORE) und das Ronin Institute bieten unabhängige Plattformen für Akademiker:innen ohne formale Zugehörigkeit. Initiativen wie Science for Peace fördern die Zusammenarbeit von Wissenschaftler:innen für globale Friedensbemühungen.
Beispielhafte Ressourcen für geflüchtete Akademiker:innen
- Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen bieten einen Rahmen für die Integration von Forschenden in europäische Einrichtungen. Siehe auch Leitlinien der Europäischen Kommission für gefährdete Forschende.
- Programme wie die Philip-Schwartz-Initiative der Humboldt-Stiftung fördern die Aufnahme von vertriebenen Wissenschaftler:innen an Institutionen.
- Scholars Without Borders und Engineers Without Borders dienen als Modelle für die Unterstützung gefährdeter Fachkräfte.
Empfehlungen
- Setzen Sie sich mit institutionellen internationalen Büros/Vertretungen in Verbindung: Organisationen sollten sich mit ihren internationalen Büros in Verbindung setzen, um herauszufinden, wie sie Unterstützung bieten können, entweder durch die Aufnahme von Wissenschaftler:innen oder durch die Förderung von Kooperationen.
- Proaktive Einbindung betroffener Wissenschaftler:innen: Binden Sie von Konflikten betroffene Forschende in Open-Science-Initiativen ein und stellen Sie ihnen Plattformen zur Verfügung, auf denen sie ihre Arbeit fortsetzen und Verbindungen zu Kolleg:innen in ihren Fachgebieten und der globalen akademischen Gemeinschaft aufbauen können.
- Willkommenspakete für vertriebene Akademiker:innen: Wissenschaftliche Einrichtungen können Willkommenspakete anbieten, um Forschende bei logistischen und administrativen Herausforderungen zu unterstützen. Dazu gehören die Unterstützung bei Visumsprozessen, Unterbringung sowie der Zugang zu Forschungsressourcen.
Während der Barcamp-Session kamen wir einhellig zu dem Schluss, dass die Mehrsprachigkeit in der Forschung von entscheidender Bedeutung ist, um die Inklusion zu fördern, den globalen Wissensaustausch zu verbessern und sicherzustellen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse verschiedenen Communities auf der ganzen Welt zugutekommen.
Dieser Text ist eine Übersetzung aus dem Englischen.
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Über die Autorin:
Dr. Johanna Havemann ist Beraterin und Trainerin, spezialisiert auf offene Wissenschaftskommunikation und digitales Wissenschaftsprojektmanagement. Als Gründerin von Access 2 Perspectives und AfricArXiv ermöglicht sie es Forschenden, ihr Wissen für die Gesellschaft zu nutzen, während sie ihre Karriere vorantreiben. Sie ist auf LinkedIn und ORCID zu finden.
Porträt: Johanna Havemann©
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