Trends 2024: Revolution am Arbeitsplatz durch Nutzung alter und neuer Technologien

von Birgit Fingerle

Neue Trends haben Auswirkungen darauf, wie und welche Dienstleistungen Bibliotheken und andere Einrichtungen ihren Nutzenden anbieten. Unter den Trends, die aufgrund ihrer hohen Relevanz für Bibliotheken und andere digitale Infrastruktureinrichtungen im Jahr 2024 ausgewählt wurden, sind viele Themen, die auf generativer KI basieren: KI-Revolution am Arbeitsplatz, KI-Support und Avatar-Arbeitskräfte im Nutzerservice sowie KI-Kunst. Natürlich spielen auch hybride Arbeit und mentale Gesundheit eine große Rolle. Überraschender sind möglicherweise innovative Wege, die schon etwas ältere SMS-Technologie für den Kundenservice zu nutzen und Trendzyklen zu verlangsamen.

KI-Revolution am Arbeitsplatz

Natürlich spielt generative künstliche Intelligenz (KI) eine zentrale Rolle unter den Trends dieses Jahres, da sie zu einer Revolution der Arbeitswelt führt (siehe Trend Nr. 20 The AI workforce), weil generative KI neue Fähigkeiten erfordert und Karrieren umgestaltet. Arbeitgebende und Arbeitnehmende sind gut beraten, sich auf eine KI-gestützte Zukunft vorzubereiten.

Obwohl generative KI schnell in die Arbeit und den Alltag integriert wird, haben viele Arbeitgebende noch keine Richtlinien für den Einsatz generativer KI entwickelt. Außerdem vergrößert sich in diesem Zuge die Kluft bei den digitalen Kompetenzen. Daher sind kontinuierliches Lernen und eine Kultur, die dies fördert, von entscheidender Bedeutung.

Mit KI gegen den Fachkräftemangel vorgehen
Generative KI könnte beispielsweise dazu beitragen, den Arbeitskräftemangel im Non-Profit-Sektor zu bekämpfen, indem arbeitsintensive interne Prozesse beschleunigt und rationalisiert werden. Dies könnte Mittel freisetzen und Stress reduzieren, was zu den Hauptursachen für unbesetzte Stellen gehört.

Unterstützung und kein Ersatz von Mitarbeitenden
Unternehmen arbeiten daran, ihr internes Expertenwissen mit generativen KI-Tools anzureichern. Die US-Supermarktkette Walmart hat zum Beispiel für ihre Mitarbeitenden ein generatives KI-Tool namens My Assistant entwickelt. Es unterstützt sie beim Schreiben von Entwürfen. Es liefert auch Inspirationen und fasst Dokumente zusammen. Es soll ihnen helfen, “schneller und effizienter zu arbeiten” und nicht die Mitarbeitenden ersetzen. Das weltweit tätige Beratungsunternehmen McKinsey hat KI für alle eingeführt, um deren Fähigkeiten allen anzubieten und alle von ihren Produktivitätsvorteilen profitieren zu lassen.

Wie kann KI Arbeitsplätze in Bibliotheken bereichern und den Erfolg der Mitarbeitenden unterstützen?

Kundenservice

KI-Service
Eine weitere Möglichkeit, die Vorteile der KI zu nutzen, ist der KI-basierte Kundenservice, bei dem mittels KI-Chatbots das Online-Erlebnis verbessert werden soll. Zu den Beispielen gehören der BILLIE Chatbot von IKEA oder die Personalized Chatbot Builder Tools von IBMs Watson Assistant zur Erstellung hilfreicher Chatbots. Was bedeutet das für Bibliotheken?

Bestellen per SMS
Ein scheinbarer Gegensatz zu all den neuen Technologien sind neue Einkaufsdienste, die auf mobilen SMS-Anwendungen basieren und es Kund:innen ermöglichen, per SMS zu suchen, zu kaufen und zu bezahlen. Dies verringert die Online-Hürden für Verbraucher:innen, die mit mobilen Schaufenster-Apps nicht vertraut sind. Nahtlose Einkaufsdienste per SMS setzen auf Chatbots, die bei der Navigation durch das Online-Einkaufsökosystem helfen. Zu den Einzelhändler:innen, die Text-to-Shop-Einzelhandelsdienste anbieten, gehört die US-Supermarktkette Walmart. Wie könnten Bibliotheken von der Nutzung älterer Technologien für ihre Barrierefreiheit profitieren?

Avatar-Arbeitskräfte
Aufgrund des Fachkräftemangels setzen einige Unternehmen für ihren Kundenservice auf Remote-Mitarbeitende, die durch realistische Avatare in den Geschäften repräsentiert werden. Diese Avatar-Mitarbeitenden werden von echten Menschen gesteuert und kommen dem Wunsch der Kund:innen nach Interaktion mit einem Menschen entgegen. Beispiele dafür sind: ferngesteuerte Kassierer:innen, mit Avataren besetzte Läden und virtuelle Avatar-Mitarbeitende. Könnten Bibliotheken von Metaverse-Avataren und Remote-Mitarbeitenden Vorteile haben?

Bekämpfung von Falschinformationen
Organisationen könnten das mit generativer KI einhergehende Risiko von Fehlinformationen bekämpfen, indem sie Community-gesteuerte Kontrollmaßnahmen einführen, die wiederum selbst KI einsetzen könnten, um Desinformationen zu erkennen und zu moderieren. Dies könnte auch helfen, die Bedenken von Verbrauchenden gegenüber generativer KI zu zerstreuen. Diese Maßnahmen könnten die Kennzeichnung von Inhalten, korrigierende Informationen von Autoritätspersonen, die Moderation von Inhalten und eine verbesserte digitale Kompetenz umfassen.

KI-Kunst

Viele Menschen haben generative KI bereits bei der Gestaltung von Kunstwerken erlebt. Als logische Konsequenz erblickten KI-Galerien das Licht der Welt, in denen Kurator:innen bemerkenswerte KI-Kunstwerke von Promptautor:innen ausstellen. Was könnten Bibliotheken und andere Institutionen von diesem Trend lernen? Wie könnten sie KI für innovativere Dienstleistungen nutzen?

Hybride und flexible Arbeitsformen sind gekommen, um zu bleiben

Die Nachfrage nach hybriden Arbeitsformen und Home Office hält an. Da immer mehr Büros ein hybrides Modell einführen, ist mehr Flexibilität erforderlich als vor der Pandemie, ein Trend, der im Trendhunter Trendreport 2024 als “Agile Workplace” bezeichnet wird. Der agile Arbeitsplatz bringt besondere Herausforderungen mit sich, die Unternehmen lösen müssen, und ist zugleich eine Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie sie von diesen Veränderungen profitieren können. Er führt beispielsweise zu neu entstehenden modularen, hybriden Arbeitslayouts, hybriden Büromanagementplattformen, hybriden Arbeitsplanungs-Apps und hybriden, auf die hybride Arbeit fokussierten Mapping-Tools.

Psychische Gesundheit

Laut Higher Education Trend Watch 2024 ist die stärkere Berücksichtigung von Wohlbefinden und psychischer Gesundheit einer der wichtigsten Trends im Hochschulbereich. Viele Hochschuleinrichtungen haben die Unterstützung und die finanzielle Ausstattung für die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden und Studierenden erhöht. Darüber hinaus haben viele Einrichtungen ihre Aufklärungsarbeit verstärkt, um das Bewusstsein für psychische Gesundheit zu schärfen und zu vermitteln, wie man “normalen Stress” von einer psychischen Krise unterscheiden kann. Von besonderer Bedeutung ist, dass viele Organisationen eine echte Kultur des Verständnisses für psychische Probleme schaffen und sie genauso ernst nehmen wie körperliche Probleme. Die Krise der psychischen Gesundheit ist über den Hochschulbereich hinaus ein wichtiges Thema für alle Arten von Organisationen und alle Teile der Gesellschaft.

Ambitioniertes Wohlbefinden und idyllischer Müßiggang
Da immer mehr Menschen ein gesünderes Gleichgewicht anstreben, sind Wohlbefinden und Ehrgeiz keine Gegensätze mehr, was zu einem Trend namens “Well Ambition“ führt. Organisationen können diese Entwicklung unterstützen, indem sie einerseits die Bedeutung von Ruhe und Auszeiten betonen und andererseits ihren Mitarbeitenden Unterstützung für die psychische Gesundheit anbieten.

Dies geht Hand in Hand mit dem idyllischen Müßiggang, der bedeutet, dass man sich Zeit für Momente der Langeweile und des Stillstands nimmt. Obwohl dies als eine Notwendigkeit für ein gesundes Leben angesehen werden kann, scheint es in den letzten Jahrzehnten irgendwie verlorengegangen zu sein, während Überarbeitung und Geschäftigkeit als eine Art Statussymbol angesehen wurden. Jetzt scheinen Nichtstun, ausreichend Zeit zum Schlafen und die Präsenz im Hier und Jetzt mehr Anerkennung zu finden.

Einsamkeit bekämpfen – Zugehörigkeit fördern
Weltweit sehen einundsiebzig Prozent der Menschen die Einsamkeit als Epidemie an, und 66 % haben das Gefühl, dass es an Gemeinschaft fehlt. Organisationen könnten dies als Chance sehen, gemeinsame Erlebnisse anzubieten, die die Verbundenheit fördern. Menschen zusammenzubringen und durch gemeinsame Massenerlebnisse Gemeinschaften zu knüpfen, ist ein Mittel, um diese Sehnsucht nach Verbundenheit und Zugehörigkeit zu erfüllen; hier können Organisationen ansetzen. Menschen zu verbinden und ihrer Community zu dienen, wird als großes Potenzial für Marken gesehen, siehe Trend Prosocial Effervescence. IKEA demonstrierte eine Möglichkeit, dies zu tun, indem es als Mittler auftrat, als es während der Mailänder Designwoche 2023 Menschen in seinem Geschäft zusammenbrachte und nächtliche Raves veranstaltete. IKEA stellte den Veranstaltungsort und den Anlass zur Verfügung, den Rest erledigten die Teilnehmenden. Ein weiteres Einzelhandelsunternehmen, das Kaufhaus Selfridges, ist dabei, einen permanenten Veranstaltungsraum in seinem vierten Stockwerk einzurichten. Wie könnten Bibliotheken den Zusammenhalt der Gesellschaft und einzelner Communities weiter fördern?

Verlangsamung der Hype-Zyklen

Bemerkenswerterweise prognostiziert der Trendbericht Future 100: 2024 von VML (ehemals Wunderman Thompson) eine Verlangsamung der Trendzyklen, da schnelllebige Trendzyklen zu Ermüdung führen. Dies ist unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit von Vorteil und passt gut zu den oben erwähnten Problemen der psychischen Gesundheit und zu dem Wunsch von Verbraucher:innen, ihr Leben zu entschleunigen (73 % laut einer weltweiten Studie von Ipsos).

Dieser Text ist eine Übersetzung aus dem Englischen.

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Über die Autorin:
Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem “Open Economics Guide”. Birgit Fingerle ist auch auf LinkedIn zu finden.
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Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem "Open Economics Guide". (Porträt: Copyright

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