EconStor-Umfrage 2022: Repositorium verzeichnet zufriedene Nutzer:innen, aber mehr Marketinganstrengungen sind nötig
Vor mehr als 13 Jahren hat die ZBW ihr Repositorium EconStor eingeführt. Im Jahr 2022 führte das Team nun eine Umfrage unter seinen Nutzer:innen durch. In diesem Artikel berichten drei Teammitglieder über die interessantesten Ergebnisse, Einblicke in das Nutzungsverhalten und Ansatzpunkte, um das Repositorium noch besser zu machen.
von Ralf Toepfer, Lisa Schäfer und Olaf Siegert
Im Jahr 2009 hat die ZBW das disziplinäre Open-Access-Repositorium EconStor gestartet. Heute, im Jahr 2022, bietet es mehr als 240.000 wissenschaftliche Arbeiten aus den wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen, die von über 600 Institutionen und rund 1000 Einzelautor:innen weltweit stammen. Alle Beiträge sind im Open Access verfügbar. Nach dreizehn Jahren der Entwicklung und Anbindung von EconStor dachten wir, es sei höchste Zeit, von unserer Forschungsgemeinschaft zu erfahren, was sie über das Repositorium und seine Dienste denkt.
In diesem kurzen Bericht möchten wir die Ergebnisse einer Nutzungsumfrage vorstellen, die wir dieses Jahr durchgeführt haben. Zunächst geben wir einige Hintergrundinformationen über die Umfrage und die Art und Weise, wie sie durchgeführt wurde. Dann beschreiben wir, wer die tatsächlichen Befragten waren. Zu guter Letzt präsentieren wir einige Ergebnisse zu bestimmten Aspekten der Umfrage.
Hintergrundinformationen zur EconStor-Umfrage 2022
Die Idee, eine Umfrage durchzuführen, entstand in einer Brainstorming-Sitzung des EconStor-Teams im Jahr 2020. Unser Ziel war es, die folgenden Themen zu adressieren:
- Zufriedenheit der Forschungsgemeinschaft mit EconStor,
- Umfeldanalyse (welche anderen Tools werden in der Wirtschaftsforschung eingesetzt?),
- spezieller Blick auf unsere Autor:innen (Wer lädt Arbeiten auf EconStor hoch?),
- Vorschläge für die Weiterentwicklung.
Da wir keine Umfrageexpert:innen sind, wussten wir, dass wir auf externe Unterstützung angewiesen sein würden. Diese wurde von zwei Seiten geleistet: Zum einen vom ZBW-Marketingteam, das bereits Umfragen zu anderen Themen durchgeführt hatte. Und zweitens von Studierenden des Studiengangs Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW). Deren Professorin, Petra Düren, fragte uns im Frühjahr 2021 nach praktischen Beispielen für Nutzungsbefragungen. Wir beschlossen, Anfang 2022 gemeinsam eine internationale EconStor-Umfrage zu organisieren. Wir entwickelten den Fragebogen und nutzten Limesurvey als Tool für die Befragung. Nach einigen Pretests konnten wir beginnen.
Die Umfrage wurde zwischen dem 10. und 24. Januar 2022 durchgeführt. Sie wurde über die EconStor-Website und durch Mailings an Forschende in Deutschland und im Ausland beworben. Insgesamt erhielten wir 756 Antworten, von denen 441 vollständig ausgefüllte Fragebögen waren.
Profile der Teilnehmenden
Die meisten der Befragten kamen aus Europa (87 %): Die Hälfte von ihnen (45 %) stammte aus Deutschland, andere wichtige europäische Länder waren Italien (16 %), Spanien (5 %) und Frankreich (4 %). Aus dem Rest der Welt kamen insgesamt etwa 3 % aus den Vereinigten Staaten und 3 % aus Australien.
Was ihre Affiliation betrifft, so kamen die meisten Befragten von Universitäten (78 %), weitere 10 % von Fachhochschulen und 6 % von außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Der Rest kam hauptsächlich von Zentralbanken oder aus dem privaten Sektor.
Hinsichtlich des Alters der Teilnehmer:innen erhielten wir ziemlich gleichmäßige Antworten von unterschiedlichen Altersgruppen entsprechend der akademischen Laufbahn: d.h. 9 % waren jünger als 30 Jahre, 45 % waren zwischen 30 und 49 Jahren und 56 % waren 50 Jahre oder älter. Was den akademischen Status angeht, so waren 58 % Professor:innen, 20 % Forschende oder Postdocs und 18 % Doktorand:innen (siehe Abbildung 1).
Was die wissenschaftlichen Disziplinen angeht, so stammten die meisten Befragten aus dem Bereich der Volkswirtschaftslehre (65 %) oder der Betriebswirtschaftslehre (25 %), die restlichen 10 % konnten wir benachbarten Disziplinen wie Soziologie, Politikwissenschaft, Statistik oder Geographie zuordnen.
Ergebnisse der EconStor-Umfrage
Die Umfrage befasste sich mit verschiedenen Aspekten der Nutzung von EconStor, wie z. B. Bekanntheit und Vertrautheit mit den Diensten, Nutzung der Such- und Browsing-Möglichkeiten, Bewertung der Dienste und Verbesserungsvorschläge. Im Folgenden stellen wir einige zentrale Ergebnisse kurz vor.
Nutzung & Umfeldanalyse
Die Mehrheit der Befragten kennt EconStor seit mehr als drei Jahren, allerdings gibt es Unterschiede nach Fachrichtungen, denn die VWLer:innen kennen EconStor länger als ihre Kolleg:innen aus der Betriebswirtschaftslehre (siehe Abbildung 2).
Was die Nutzung angeht, verwendet fast die Hälfte der Befragten EconStor mindestens einmal im Monat und etwa 14 % sogar wöchentlich, was darauf hindeutet, dass die Mehrheit der Befragten mit der Plattform gut vertraut ist.
Etwa ein Drittel der Befragten aus VWL ist über RePEc auf EconStor gestoßen, während die meisten Forschenden aus der BWL über Google Scholar auf EconStor aufmerksam geworden sind. Dies deckt sich mit den Antworten auf die Frage nach der Nutzung anderer Plattformen, die die Forschenden für den Zugang zu wirtschaftswissenschaftlichen Veröffentlichungen nutzen, wobei neben ResearchGate auch Google Scholar, RePEc und SSRN genannt wurden.
Gleichzeitig sind ResearchGate und in geringerem Maße RePEc und SSRN die am häufigsten genutzten Plattformen für die Verbreitung von Forschungsarbeiten in den Wirtschaftswissenschaften. Die Forscher:innen halten auch ihre eigene Forschungseinrichtung für wichtig bei der Verbreitung ihrer Arbeiten. Dies deutet darauf hin, dass institutionelle Repositorien auch dann noch relevant sind, wenn große disziplinäre und interdisziplinäre Plattformen existieren.
Suche & Browsing
EconStor bietet mehrere Möglichkeiten, durch die Website zu navigieren. Die Benutzer:innen können Dokumente finden, indem sie gezielt nach einzelnen Titeln suchen, oder die Browsing-Funktion nutzen, um die Dokumente nach Institution, Art des Dokuments, Autor usw. zu filtern. Nach den Antworten zu urteilen, sind die Such- und Browsing-Optionen nicht sehr wichtig. Nur etwa 50 % der Befragten nutzen überhaupt die von EconStor angebotenen Möglichkeiten. Einer der Befragten schrieb: “Ich suche nach Dokumenten meist über Google oder Google Scholar, wo ich auch EconStor-Dokumente finden kann. Es kam mir nicht in den Sinn, auf EconStor selbst zu suchen oder dessen Funktionen zu erkunden”. Diese Antwort scheint den typischen Anwendungsfall von EconStor genau zu beschreiben. Unsere monatlichen Nutzungsstatistiken zeigen das gleiche Bild: Forscher:innen nutzen EconStor in erster Linie als Quelle, um nach der Suche in Datenbanken oder mit Hilfe von Suchmaschinen den Volltext zu erhalten.
Self-Upload & Qualitätsmanagement
Mehr als 600 Institutionen nutzen EconStor, um ihre Publikationen zu verbreiten. Autor:innen können ihre Arbeiten auch selbst hochladen, allerdings ist diese Funktion den Doktorand:innen der Wirtschaftswissenschaften an akademischen Einrichtungen vorbehalten. Nach der Registrierung können Autor:innen sowohl Working Paper als auch Zeitschriftenartikel, Buchkapitel, Konferenzberichte usw. hochladen. Die Mehrheit von etwa 55 % der Befragten wusste nichts von dieser Möglichkeit. Von den Autor:innen, die die Self-Upload-Funktion aktiv nutzen, sind jedoch mehr als 95 % mit dem Prozess zufrieden oder sogar sehr zufrieden.
Sobald eine Arbeit hochgeladen ist, prüft das EconStor-Team mehrere Aspekte zur Qualitätssicherung: nämlich Plagiatsprüfung, persönliche Voraussetzungen für die Registrierung, Dokumenttyp, Zeitschrifteneintrag im Directory of Open Access Journals (DOAJ) und formale Prüfungen der Arbeit. Etwa zwei Drittel der Autor:innen schätzen diese Qualitätssicherungsmaßnahmen. Die Plagiatsprüfung und die formale Prüfung sind für sie dabei am wichtigsten.
Bewertung der anderen EconStor-Dienste
EconStor bietet neben dem Self-Upload und den Such- und Browsing-Optionen noch einige weitere Dienste an. Für die EconStor-Nutzer:innen sind die wichtigsten anderen Dienste der Distributionsservice und die Bereitstellung von Download-Statistiken. Der Distributionsservice umfasst die Weitergabe an Suchmaschinen wie Google, Google Scholar oder BASE (Bielefeld Academic Search Engine) und an wissenschaftliche Datenbanken wie WorldCat, OpenAire und EconBiz. Mehr als 90 % der Befragten sind der Meinung, dass diese beiden Dienste für ihre Arbeit wichtig sind. Die Möglichkeit, Metadaten zu exportieren und Arbeiten mit den zugrundeliegenden Forschungsdaten zu verknüpfen, ist ebenfalls von Bedeutung, allerdings in geringerem Maße.
Gesamtbewertung von EconStor
Mehr als 95 % der Befragten sind mit EconStor und seinen Dienstleistungen insgesamt zufrieden oder sehr zufrieden. Dies gilt für die beiden Forschungsbereiche Volks- und Betriebswirtschaftslehre.
Rund 67 % der Befragten fühlen sich auf der EconStor-Website ausreichend über die Dienstleistungen informiert. Das ist keineswegs ein schlechtes Ergebnis, aber es gibt Raum für Verbesserungen. Einige Befragte schlagen beispielsweise einen Newsletter vor, der über neue, in EconStor indizierte Inhalte informiert.
Vorschläge zur Verbesserung von EconStor
54 Befragte waren so freundlich, ihre Meinung zu möglichen Verbesserungen von EconStor mitzuteilen. Die Vorschläge reichten von dem Wunsch nach einer höheren Sichtbarkeit oder Bekanntheit von EconStor über den Wunsch nach mehr Informationen über das Produkt bis hin zu Vorschlägen zur Verbesserung einzelner Funktionen.
Schlussfolgerungen aus der EconStor-Umfrage 2022
Insgesamt bewerten die Forschenden EconStor sehr positiv. Insbesondere Nutzer:innen, die den Dienst schon seit mehreren Jahren kennen, und solche, die den Self-Upload aktiv nutzen, sind sehr zufrieden damit. EconStor wird von seinen Nutzer:innen vor allem als Volltextquelle gesehen, die über Suchmaschinen auffindbar ist, während die eigenen Such- und Browsing-Funktionen weniger bekannt sind. Die Umfeldanalyse zeigt Unterschiede zwischen Forschenden der Volkswirtschaftslehre auf der einen und der Betriebswirtschaftslehre auf der anderen Seite, z.B. hinsichtlich der Relevanz von RePEc oder ResearchGate. Das Potenzial für eine stärkere Nutzung könnte durch ein verstärktes Marketing (u.a. Werbung für den Self-Upload-Service) und durch ergänzende Dienste erschlossen werden.
Das EconStor-Team weiß die Antworten und Meinungen sehr zu schätzen. Dies wird uns helfen, EconStor noch besser zu machen. Als erste Reaktion haben wir zwei Werbevideos erstellt, eines über EconStor im Allgemeinen und das andere über den Self-Upload-Prozess im Besonderen. Weitere Verbesserungen werden bald folgen.
Dieser Text ist eine Übersetzung aus dem Englischen.
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Über die Autor:innen:
Ralf Toepfer arbeitet in der Abteilung Publikationsdienste der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, in der er u.a. disziplinspezifische Services für das Management wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsdaten betreut, Publikationsanalysen im Kontext der Open –Access-Transformation erstellt und beim Aufbau der Open Library Economics (OLEcon) unterstützt. Er ist auch auf Mastodon zu finden.
Porträt: ZBW©, Fotograf: Sven Wied
Lisa Schäfer unterstützt seit 2020 an der ZBW – Leibniz Informationszentrum Wirtschaft verschiedene Projekte zur Open Access Transformation.”
Porträt: Lisa Schäfer©
Olaf Siegert leitet die Abteilung Publikationsdienste der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft und engagiert sich als ihr Open-Access-Beauftragter. Für die Leibniz-Gemeinschaft repräsentiert er den Leibniz-Arbeitskreis Open Access in externen Gremien: So ist er bei der Allianz der Wissenschaftsorganisationen in der AG Wissenschaftliches Publikationssystem und bei Science Europe für die Leibniz-Gemeinschaft aktiv.
Porträt: ZBW©
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