Ein Jahr Open Access: Bilanz der Zeitschriften Wirtschaftsdienst und Intereconomics

von Kristin Biesenbender, Christian Breuer und Nicole Waidlein

Die von der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft herausgegebenen wirtschaftswissenschaftlichen Zeitschriften Wirtschaftsdienst – Zeitschrift für Wirtschaftspolitik und Intereconomics – Review of European Economic Policy stehen ihren Leser:innen seit Januar 2020 neben der Printversion auch im gebührenfreien Gold Open Access zur Verfügung. Dabei sind alle Beiträge ab dem Veröffentlichungszeitpunkt frei zugänglich. Weder bei den Leser:innen noch bei den Autor:innen werden dafür Gebühren erhoben. Stattdessen wurde die Open-Access-Transformation und wird die dauerhafte Open-Access-Bereitstellung von der ZBW finanziert.

Zuvor bestand eine Zwei-Jahres-Embargo-Frist, sodass lediglich ältere Jahrgänge frei online verfügbar und die neu erschienenen Beiträge nur durch ein Abonnement zugänglich waren. Der Wirtschaftsdienst erscheint seit 1916. Die Beiträge lassen sich bis 1949 zurück nachlesen, die früheren Artikel sind in Teilen über die Jubiläumswebsite zugänglich. Intereconomics erscheint seit 1966. Das Archiv ist vollständig über die Website erreichbar.

Für die Wirtschaftswissenschaften bietet Open Access die Möglichkeit, schnell und transparent auf aktuelle wirtschaftspolitische Diskussionen zu reagieren und Forschungsergebnisse auf einfache Weise – etwa in sozialen Medien – weiterzuverbreiten.

Es sei das erklärte Ziel der Zeitschriften, den Wissenstransfer aus den Wirtschaftswissenschaften in die politische Praxis und interessierte Fachöffentlichkeit hinein zu ermöglichen und voranzubringen, so Chefredakteur Dr. Christian Breuer im Leitartikel zu “Wissenschaftliche Politikberatung: Chancen der Digitalisierung nutzen”.

Wissenschaftliche Politikberatung: Chancen der Digitalisierung nutzen, Christian Breuer [Copyright © 2019, ZBW and Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature].

Damit der Wissenstransfer bestmöglich gelingt, ist die freie Verfügbarkeit der Inhalte essenziell. Hierdurch wird der Zugang zu aktuellen wirtschaftspolitischen Erkenntnissen auch für interessierte Leser:innen aus Politik, Medien und Zivilgesellschaft erleichtert.

Nach einem Jahr ist es Zeit für eine Bilanz: Was wurde erreicht?

Der Bekanntheitsgrad ist deutlich gestiegen

Die Beiträge der Zeitschriften können seit 2020 sowohl über die Springer- Verlagsseite ohne Zugangsbeschränkungen als auch über die eigenen Websites von Wirtschaftsdienst und Intereconomics gelesen und verbreitet werden. Die Steigerung der Seitenbesuche bei Intereconomics im Jahr 2020 betrug 138% im Vergleich zum Vorjahr und 64% beim Wirtschaftsdienst. Dabei ist anzumerken, dass neben dem Übergang zum gebührenfreien Open Access auch andere Effekte, wie beispielsweise das Interesse an Beiträgen zur Corona-Krise, die Zugriffszahlen beeinflusst haben. In dieser Zeit kam beiden Zeitschriften speziell zugute, dass der Veröffentlichungsprozess äußerst kurz ist und somit aktuelle Beiträge zügig veröffentlicht werden. Die Steigerungsraten im Vergleich zum Vorjahr lagen 2019 noch bei 17% (Intereconomics) bzw. 37% (Wirtschaftsdienst).

[Copyright: Redaktion Wirtschaftdienst und Intereconomics, ZBW]

Open Access erhöht aufgrund der angebotenen Themenvielfalt aktueller wirtschaftspolitischer Beiträge und angesehener Autor:innen auch die Attraktivität der Websites. Um auf den Websites die Recherchemöglichkeiten weiter zu verbessern, soll die bereits implementierte Volltextsuche, die Ergebnisse nach Relevanz anzeigt, zukünftig um weitere Funktionalitäten, wie die Sortierung nach Datum oder Facetten (Autor:innen, Schlagworte, Rubriken), erweitert werden.

[Copyright: Redaktion Wirtschaftdienst und Intereconomics, ZBW]

Für Intereconomics lässt sich auch zeigen, dass die Leserschaft internationaler geworden ist. Der Anteil der Nutzer:innen aus Deutschland sinkt kontinuierlich bei steigenden absoluten Seitenbesuchszahlen. 2020 fallen dann auch die Anteile aus den USA und Großbritannien zugunsten von Zugriffen aus Indien, Italien, den Niederlanden und Frankreich sowie vielen weiteren Ländern.

Mobiloptimierung und Barrierefreiheit: Zugang für alle

Die Open-Access-Beiträge der Zeitschriften werden als PDF und als HTML auf den Zeitschriften-Websites veröffentlicht. HTML ermöglicht bereits, die Texte sowohl mobiloptimiert als auch barrierefrei zu lesen. Hier zeichnet sich seit 2017 der Trend ab, dass die Zugriffe auf die Websites zunehmend auch über mobile Endgeräte erfolgen. 2020 schwächte sich dieser Trend leicht ab. Dies könnte eventuell pandemiebedingt durch die geringere Mobilität der Leser:innen erklärt werden.

[Copyright: Redaktion Wirtschaftdienst und Intereconomics, ZBW]

Durch den Übergang zu gebührenfreiem Open Access konnte die Reichweite der Inhalte demnach erhöht werden.

Attraktivität für Autor:innen steigt

Zudem werden seit Anfang 2020 die Beiträge der Zeitschriften unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 (CC BY) International Lizenz veröffentlicht. Die Beiträge können damit uneingeschränkt weiter genutzt und verbreitet werden, sofern Urheber:innen und Quelle angemessen genannt werden. Dies verschafft den Autor:innen den Spielraum, ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse in aufbereiteter Form in der wissenschaftlichen Community und darüber hinaus – zum Beispiel über Twitter – besser verbreiten zu können.

Der gestiegene Zuspruch der Autor:innen lässt sich an der Zahl der Einreichungen ablesen, die auch 2020 weiter deutlich gesteigert werden konnten. Diese Steigerung ist vermutlich neben dem Open-Access-Effekt auch auf andere Faktoren zurückzuführen. So haben sich etwa im zweiten Quartal die Einreichungen wohl auch aufgrund der zunehmenden Nachfrage nach wirtschaftspolitischen Diskussionen im Kontext der Corona-Pandemie erhöht.

[Copyright: Redaktion Wirtschaftdienst und Intereconomics, ZBW]

Zusätzlich soll die Bedeutung des Open Access weiter hervorgehoben werden, indem Beiträge zuerst online erscheinen und anschließend in der Printversion veröffentlicht werden (Online First). 2020 wurden bereits Beiträge, insbesondere mit Bezug zur sich dynamisch entwickelnden wirtschaftspolitischen Diskussion während der Pandemie, beschleunigt „Online First“ veröffentlicht. So konnte bereits ein weiterer Vorteil der Open-Access-Strategie genutzt werden, was in Zukunft verstärkt werden soll: Online-First-Veröffentlichungen geben Autor:innen die Möglichkeit, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zeitnah in aktuelle wirtschaftspolitische Debatten einzubringen.

Bessere Verbreitung der Inhalte

Die jetzt frei verfügbaren Inhalte der Zeitschriften können zudem über die Zeitschriften-eigenen Newsletter und Twitter-Accounts einfacher verbreitet werden. Sowohl die Abonnements der Newsletter als auch die Follower auf Twitter sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. CC BY Lizenz und Open Access bieten den Autor:innen zudem die Möglichkeit, ihre Beiträge in sozialen Netzwerken und Medien zu verlinken und damit eine noch breitere Debatte über sozial- und wirtschaftspolitische Themen in Deutschland und Europa anzustoßen, das eines der Kernanliegen der Zeitschriften darstellt. Ein gutes Beispiel dafür ist dieser Twitter-Post:

Die Reputation der Zeitschriften kann zudem über einen höheren Bekanntheitsgrad und Zitationen gesteigert werden. Auch lassen sie sich durch den Übergang zu Open Access in weiteren Datenbanken wie dem Directory of Open Access Journals (DOAJ) indexieren.

Fazit: Open Access als Dienst für die Wissenschaft

Seit Januar 2020 erscheinen die Beiträge von Wirtschaftsdienst und Intereconomics im gebührenfreien Open Access, wodurch Zugänglichkeit, Reichweite und Attraktivität beider Zeitschriften erhöht werden konnten. Auch wenn die Umstellung für die Redaktionen der Zeitschriften ein nicht zu unterschätzender Mehraufwand war, hat sich die Mühe gelohnt. Zumal der Zeitpunkt der Umstellung mehr als günstig war: Denn im Kontext der weltweiten Corona-Krise konnten die Zeitschriften 2020 zeigen, dass sie – auch aufgrund der sehr kurzen Dauer von der Artikeleinreichung bis zur (Online-)Veröffentlichung – die geeignete Plattform für aktuelle wirtschaftspolitische Diskussionen sind.

Zu Wirtschaftsdienst und Intereconomics

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Über die Autor:innen:

Kristin Biesenbender ist wissenschaftliche Redakteurin der Zeitschrift Wirtschaftsdienst der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft sowie Doktorandin an der Universität Hamburg im Bereich Soziologie, insbesondere Wissenschaftsforschung.
Portät: Kristin Biesenbender©

Dr. Christian Breuer leitet die Zeitschriftenredaktion der beiden wirtschaftspolitischen Fachzeitschriften Wirtschaftsdienst und Intereconomics der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Er ist auch auf Twitter zu finden.
Porträt: ZBW©, Fotograf: Sven Wied

Dr. Nicole Waidlein ist wissenschaftliche Redakteurin der Zeitschrift Wirtschaftsdienst der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Sie ist auch auf ORCID zu finden.
Porträt: ZBW©, Photografin Lisa Flieger

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