Digitalisierung in Bibliotheken: Inwiefern hat Corona einen Schub gegeben?

von Susanne Daalsgaard Krag, Aida Maria Ismail, Vasiliki Mole, Rajen Munoo, Christine Okret-Manville, Tamara Pianos, Corey Seeman, Claudia Sittner, Klaus Tochtermann, und Deb Wallace

Gemeinsam mit den Partner:innen aus dem EconBiz-Netzwerk haben wir uns auf die Suche gemacht, um die Einflüsse der Corona-Pandemie auf die Digitalisierung in Infrastruktureinrichtungen, Bibliotheken und vergleichbaren Instituten auf der ganzen Welt ausfindig zu machen. Das internationale EconBiz-Partnernetzwerk startete 2012 und hat 40 Partner:innen in vielen verschiedenen Ländern.

Wie haben also die Institute aus aller Welt die Veränderungen erlebt? Gibt es Unterschiede zwischen Regionen, Ländern und Kontinenten? Um das herauszufinden, haben wir die Partner:innen aus dem Netzwerk gefragt: Welchen Innovationsschub in Richtung Digitalisierung hat der Coronavirus in Ihrem Institut ausgelöst? Wie war der Stand der Digitalisierung zu Beginn der Corona-Pandemie? Was war die größte Herausforderung? Wie haben Sie sie gelöst? Was war Ihr größtes Learning? Was war Ihr Highlight? Was ist der größte “Life-Hack”, den Ihre Einrichtung aus der Corona-Krise im Bereich der Digitalisierung mitgenommen hat?

Das Ergebnis ist ein spannender Erfahrungsschatz von Partnerinstituten aus Singapur, Frankreich, Deutschland, den USA, Dänemark, Malaysia und der Türkei. Dank der geballten Erfahrungen wird ein Blick über den Tellerrand der eigenen Corona-Situation möglich und zeigt, welche kreativen Lösungen in anderen Teilen der Welt gefunden wurden.

COVID-19-Erfahrungen in der AU-Bibliothek / The Royal Danish Library
by Susanne Dalsgaard Krag, Dänemark

COVID-19-Erfahrungen in der AU-Bibliothek / The Royal Danish Library

von Susanne Dalsgaard Krag, Dänemark

COVID-19 kam wie ein Dieb in der Nacht und veränderte unser aller Leben. Von einem Tag auf den anderen wurden alle Bibliotheken geschlossen, auch die Royal Danish Library. Wir mussten alle andere Wege finden, um Dinge zu erledigen. Es war eine aufregende Reise, und wenn man auf fast ein Jahr Corona-Pandemie zurückblickt, kann man die Ergebnisse einer echten Disruption sehen.

Dänemark ist ein stark digitalisiertes Land. Fast 99 % der Bevölkerung hat Zugang zum Internet, was sich während des Shutdowns als sehr großer Vorteil erwiesen hat. In den Universitätsbibliotheken haben wir uns schon seit geraumer Zeit auf den digitalen Wandel vorbereitet, aber im März 2020 waren wir gezwungen, einen großen Schritt ins digitale Zeitalter zu machen, wie der Rest der Welt.

Bis zur Pandemie hatten wir Fähigkeiten in Edu-IT und virtuellen Meetings trainiert, aber ohne den großen Durchbruch. Jetzt kamen diese Fähigkeiten plötzlich zum Einsatz, und die meisten Mitarbeitenden sind jetzt völlig vertraut mit Online-Unterricht und -Anleitung, und eine sehr große Anzahl von digitalen Lernobjekten wurde vorbereitet und auf der Homepage veröffentlicht. Die Kreativität war außergewöhnlich. Wir haben gelernt, die virtuelle Umgebung zu nutzen, um die soziale Distanz zu kompensieren. Nun können wir Break-out-Räume einrichten, den virtuellen Hintergrund wechseln, chatten und in den Tools Zoom und Teams die Hände heben. Wir haben eine Menge darüber gelernt, was funktioniert und was nicht.

Die Royal Danish Library hat 800 bis 900 Mitarbeiter:innen, die über das ganze Land verteilt sind, und die Pandemie hat uns gelehrt, abteilungsübergreifend und landesweit auf eine Art und Weise zusammenzuarbeiten, die wir uns nie hätten vorstellen können. Man kann viele verschiedene Dinge nennen, die wir während der Pandemie gelernt haben, aber ich denke, das ist einer der größten Vorteile und etwas, das wir in die Welt nach der Pandemie mitnehmen werden, auf die wir uns alle freuen.

Mehr Online-Treffen und -Veranstaltungen, Online-Vernetzung und Zukunftscafé in der ZBW
von Klaus Tochtermann, Deutschland

Mehr Online-Treffen und -Veranstaltungen, Online-Vernetzung und Zukunftscafé in der ZBW

von Klaus Tochtermann, Deutschland

Digitalisierung und digitale Kompetenzen waren wichtige Themen, und das Arbeiten von zu Hause aus war für viele Kolleg:innen der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft schon lange vor Corona eine Option. Dennoch gab es in den ersten Monaten der Pandemie einen großen Schub, mehr digitale Tools und Plattformen zu nutzen. Im März 2020 bekamen viele Mitarbeitende Zoom-Accounts und konnten virtuelle Veranstaltungen für bis zu 300 Personen organisieren. Diese Möglichkeit wurde in großem Umfang für viele verschiedene Arten von Veranstaltungen genutzt. Ende Oktober hatten alle 270 ZBW-Mitarbeiter:innen WebEx-Accounts, um eigene virtuelle Meetings zu organisieren und WebEx-Teams für Chats etc. zu nutzen.

Große, von der ZBW organisierte Konferenzen wurden schnell auf Online-Formate umgestellt und hatten noch mehr Teilnehmende aus mehr Ländern als in den Vorjahren (zum Beispiel die SWIB – Semantic Web in Bibliotheken, das YES! – Young Economic Summit oder die kommende Open Science Conference).

Um die soziale Interaktion der Kolleg:innen zu fördern, wird eine interne Plattform genutzt, um Erfahrungen im Umgang mit der Situation auszutauschen – von Life-Hacks über Anleitungen, wie man die Nackenmuskeln fit hält, bis hin zu aufbauenden Gedanken und neuen Hobbys. Da viele ZBW-Mitarbeiter:innen meist von zu Hause aus arbeiteten, wurde befürchtet, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl und der gemeinsame Zweck darunter leiden könnten. Um dem entgegenzuwirken, rief die Direktion ein 30-minütiges “Zukunftscafé” ins Leben, das alle zwei Wochen angeboten wird – zu einem bestimmten Thema mit einem Frage- und Antwortteil. Viele Menschen von den beiden ZBW-Standorten in Kiel und Hamburg besuchen diese kurzen Treffen – was mit Vor-Ort-Veranstaltungen nur schwer zu erreichen wäre.

Während des ersten Lockdowns – als die Bibliothek für einige Wochen geschlossen war – wurden die Studierenden bis zu fünfmal pro Woche mit Motivationsbriefen unterstützt. ZBW-Services bieten spezielle Corona-Webseiten zum Informationszugang oder zur Recherche oder eine Themenseite innerhalb der EconBiz-Autorenprofile .

Da auch die Lehre an den Universitäten innerhalb weniger Wochen auf Online umgestellt werden musste, baten Professor:innen um Unterstützung bei Online-Unterrichtsmethoden, sodass die ZBW zwei Online-Panels organisierte und einige Best-Practice-Lösungen zusammentrug.

Die Pandemie war und ist für viele Menschen eine große Herausforderung, aber sie eröffnete auch eine Reihe neuer Möglichkeiten und förderte kreative Online-Lösungen.

Pandemie lenkt Aktivitäten der Bibliotheken der Singapore Management University um
von Rajen Munoo, Singapur

Pandemie lenkt Aktivitäten der Bibliotheken der Singapore Management University um

von Rajen Munoo, Singapur

Ich leite derzeit die Abteilung Lernen und Engagement bei den Bibliotheken der Singapore Management University (SMU) – bestehend aus den Li Ka Shing und Kwa Geok Choo Law Libraries. Die Bibliotheken betreuen sechs Schulen mit etwa 10.000 Studierenden und Doktoranden. Da es sich um einen Citycampus handelt, auf dem der Platz knapp ist, hatten die SMU-Bibliotheken schon immer einen digitalen Ansatz, bei dem über 90 % unserer Sammlungen und Ressourcen digital sind. Eine robuste Systeminfrastruktur verschiedener Online-Anwendungen unterstützt die Forschungs-, Lehr- und Lernbedürfnisse der Community.

Mit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie und den sich ständig ändernden Richtlinien verschiedener Behörden lag unsere Priorität in der Zusammenarbeit mit den Partner:innen auf dem Campus, um die Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen einzuhalten. Um diese Herausforderung zu meistern, haben wir einen Plan zur Aufrechterhaltung des Betriebs eingeführt, der unsere digitale Strategie in den Mittelpunkt rückte und auch zum Katalysator für Veränderungen wurde.

Unsere Highlights waren die verschiedenen kreativen Ideen, die vom Team der SMU-Bibliotheken umgesetzt wurden, wie beispielsweise:

  • ein Pick-up-and-Go-Zugangsservice, die schnelle Beschaffung von E-Textbüchern und Open Educational Resources (OER) und die Kontaktaufnahme mit der Fakultät, um die Einhaltung des Urheberrechts zu steuern;
  • ein Wissensportal über den kostenlosen Zugang zu Datenbanken, die von Anbieter:innen während der Pandemie zur Verfügung gestellt wurden;
  • den Einsatz von studentischen Hilfskräften, um den virtuellen “Ask Library”-Chat-Service über die normalen Bibliothekszeiten hinaus zu erweitern, um das Angebot des Bibliothekspersonals zu optimieren und weiterhin Arbeitsmöglichkeiten für Student:innen zu bieten, während die physischen Bibliotheken geschlossen sind.
  • Die “Peer Advisor” unserer Bibliotheken traten auch hervor, als die Erstsemester-Orientierung in den digitalen Raum umzog, um Online Learning is Different! Succeed in Online Learning zu kuratieren, ein Peer-to-Peer-Lernprogramm, das Workshops und Hacks umfasste, um die Ängste der neuen Studierenden, die zum ersten Mal ein Online-Semester absolvieren, in der gesamten Universität zu zerstreuen!

    Die Einbindung von Stakeholder:innen und die Kommunikation, um sicherzustellen, dass niemand zurückgelassen wurde, war das größte Learning für das Führungsteam, insbesondere in einem dienstleistungsorientierten Beruf.

    Unser größter “Life Hack” war die Weiterbildung – um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter:innen mit digitalen Fähigkeiten “geimpft” wurden, um widerstandsfähig und agil zu sein, indem wir ihnen Möglichkeiten zum Lernen, Verlernen und Umlernen durch kontinuierliche berufliche Entwicklungsmöglichkeiten in dieser VUCA-Welt boten.

    Jetzt heißt es: vorwärts im Geiste der #OneSMULibraries …

COVID-19 und die Bibliothek der Dauphine-PSL: elektronische Ressourcen
und Selbststudium in den Vordergrund rücken
von Christine Okret-Manville, Frankreich

COVID-19 und die Bibliothek der Dauphine-PSL: elektronische Ressourcen und Selbststudium in den Vordergrund rücken

von Christine Okret-Manville, Frankreich

In der Bibliothek der Université Paris Dauphine-PSL haben wir bereits in der Zeit vor dem Coronavirus eine große Menge an elektronischen Ressourcen gesammelt. Aber der Lockdown zwang uns zum Innehalten und Nachdenken, um Ideen zur Verbesserung unserer digitalen Dienste zu entwickeln.

Unsere Priorität war es, den Umfang und die Verfügbarkeit unserer elektronischen Sammlung zu erweitern: Wir boten Fernzugriff auf die Finanzdatenbanken, die nur vor Ort verfügbar waren, testeten neue Lehrbuchdatenbanken und andere Quellen. Wir widmeten einen Bereich unserer Website den Ressourcen, die Verlage in dieser Zeit frei zugänglich gemacht haben.

Um unseren Leser:innen zu helfen, das Beste aus all diesen Ressourcen zu machen, stellten wir eine Reihe von Tutorials zum Selbststudium online (zweisprachig) zur Verfügung. Wir richteten schnell virtuelle Schulungen ein. Wir bauten unser Fragen-und-Antworten-Modul aus, um den Kontakt mit unseren Leser:innen zu pflegen. Schließlich versorgten wir unsere Follower:innen über Twitter, Facebook, interne Mailinglisten und die Website regelmäßig mit Informationen.

In dieser schwierigen Zeit mussten wir ein besonders unterstützendes Verhalten untereinander an den Tag legen, um die Anpassung an die ungewohnten Arbeitsbedingungen schnell zu bewältigen. Dennoch gab sie uns die Möglichkeit, unsere Dienstleistungen zu erweitern und zu diversifizieren, indem wir die Digitalisierung dort einführten, wo wir sie noch nicht genug oder gar nicht nutzten, und uns neue Anhaltspunkte für die Ausweitung unserer Tätigkeit suchten.

Wie die Suna Kıraç Bibliothek der Koç Universität gegen die Pandemie
kämpfte und es schaffte, das Biest zur Strecke zu bringen
von Vasiliki Mole, Türkei

Wie die Suna Kıraç Bibliothek der Koç Universität gegen die Pandemie kämpfte und es schaffte, das Biest zur Strecke zu bringen

von Vasiliki Mole, Türkei

Die Koç Universität (KU) ist eine der führenden Universitäten in der Türkei, die sich durch bemerkenswerte Beiträge zur Steigerung von Bildung, Wissen und Service sowohl im Inland als auch darüber hinaus auszeichnet. Die Suna Kıraç Bibliothek, die Hauptbibliothek der Universität, folgt dabei eng und konsequent den Bemühungen der Universität, Wissen zu fördern.

Die Suna Kıraç Bibliothek der Koç Universität hat COVID-19 bekämpft, indem sie lange Arbeitsstunden investiert und Entschlossenheit an den Tag gelegt hat, um die Situation in eine Chance zu verwandeln, um Fernzugriffslösungen für ihre Benutzer:innen zu entwickeln. Zu den Höhepunkten des vergangenen Jahres gehören:

Die größte Herausforderung für uns war es zu sehen, dass unsere Bemühungen und Anpassungen ein positives Ergebnis für die Gemeinschaft haben. Manchmal ist die Komfortzone jahrelanger alter Praktiken schwer zu überwinden, da sie eine etwas steife Akzeptanz für eine neue Perspektive schafft. Ein ziemlich schwieriges Thema, bei dem wir aber schließlich zu einem Punkt gekommen sind, an dem wir etwas ändern können, waren die traditionellen gedruckten Lehrbücher und deren Ersatz durch Online-Publikationen.

Die akademische Welt bringt den Vorteil der kontinuierlichen Verbesserung mit sich, von der alle Beteiligten, einschließlich der Bibliotheken, profitieren. Die derzeitige globale Lage diktiert, dass wir unsere Augen immer für neue Möglichkeiten offen halten sollten, die unser Profil schärfen und uns folglich helfen werden, unser primäres Ziel zu erreichen: unseren Benutzer:innen auf die beste Weise zu dienen!

Kresge Library Services und der große Wurf des Jahres 2020:
Innovation & COVID-19
von Corey Seeman, USA

Kresge Library Services und der große Wurf des Jahres 2020: Innovation & COVID-19

von Corey Seeman, USA

Kresge Library Services unterstützt den Bedarf an Wirtschaftsinformationen der Ross School of Business an der University of Michigan in Ann Arbor. 2013 waren wir eine ziemlich traditionelle Wirtschaftsbibliothek mit 70.000 Bänden, Sitzplätzen für fast 700 Studierende und über 100 Service-Stunden pro Woche. Während eines großen Bauprojekts an der Ross School of Business (2014-2016) wurde der Bibliotheksraum für Druckbände und die Arbeitsplätze für Studierende komplett entfernt. So erfanden wir uns als reine Digitalbibliothek (oder wie wir sie nennen – die ätherische Bibliothek) neu. Ab dem Zeitpunkt, als wir aus unseren alten Bibliotheksräumen auszogen, waren wir eine überwiegend digitale Bibliothek und (auch wenn wir es damals nicht wussten) sehr gut für die Herausforderungen einer Pandemie gerüstet.

Während unsere Sammlungen fast ausschließlich elektronisch waren, hatten wir einige persönliche Dienstleistungen, die nur in der Bibliothek durchgeführt wurden. Dazu gehörten die Überprüfung von Prüfungen und Aufgaben sowie der Rückgabeservice für Ross-Klassen und die Abholung von Kursmaterial (für gedruckte Versionen von Fällen und Pflichtlektüre). Im März 2020, mit der Umstellung auf virtuelle Klassen, mussten wir unseren Fokus nur leicht schwenken, um dieser neuen Dynamik gerechtzuwerden. Wir schlossen die Dienste, die vor Ort angeboten wurden, weil es keine Möglichkeit gab, sie effektiv aus der Ferne zu erledigen.

Wir haben eine Reihe von Hacks und Änderungen entwickelt, die wahrscheinlich von nun an ein Teil unserer Bibliothek sein werden:

  • Wir setzen uns schon lange für eine flexible Zeitplanung ein, aber wir konnten unsere Abdeckung erweitern, indem wir den Mitarbeiter:innen erlaubten, zu unterschiedlichen Zeiten zu arbeiten. Wenn Sie Ihrem Team Flexibilität zugestehen, kann dies zu erweiterten Servicezeiten für Ihre Kund:innen führen.
  • Meetings via Zoom werden fortgesetzt, auch wenn die Normalität zurückkehrt! Normalerweise würden wir versuchen, Teambesprechungen für Tage zu planen, an denen alle im Büro sein können, aber jetzt können wir flexibler sein.
  • Bibliothekseinweisungen und -beratungen via Zoom werden wahrscheinlich fortgesetzt. Eine der Herausforderungen, die wir hatten, ist es, einen Raum zu finden, der für Meetings geeignet ist. Durch die Nutzung von Zoom entfällt diese Notwendigkeit größtenteils.

Die Bibliotheken werden am Ende dieser Pandemie die Wahl haben, die eingeführten Änderungen beizubehalten oder zu ihren bisherigen Gewohnheiten zurückzukehren. Der Weg in die Zukunft wird wahrscheinlich eine Kombination aus beidem sein, aber es ist wichtig, diese Veränderungen als einen Weg zu einer moderneren Bibliothek anzunehmen.

COVID-19 inspirierte Innovation in der Baker Library der Harvard
Business School
von Deb Wallace, USA

COVID-19 inspirierte Innovation in der Baker Library der Harvard Business School

von Deb Wallace, USA

Die Baker Library befindet sich im akademischen, physischen und emotionalen “Herzen” des Campus der Harvard Business School (HBS). Als am 18. März 2020 die Entscheidung getroffen wurde, den Großteil der Aktivitäten der Einrichtung auf Online-Plattformen zu verlagern, nutzte die Baker Library ihre jahrzehntelangen Investitionen in die Entwicklung von Mitarbeiterfähigkeiten, digitalen Sammlungen, semantischer Suche und einer Content-Management-/Publishing-Plattform, um die weitere Verfolgung des Ziels der Schule zu ermöglichen: Führungskräfte auszubilden, die in der Welt etwas bewirken.

Um den Forschungs-, Lehr- und Lernbedürfnissen unserer Gemeinschaft von Studierenden, Dozent:innen, Alumni und Mitarbeiter:innen gerecht zu werden, haben wir Dienste neu positioniert und neue Self-Service-Informationsprodukte geschaffen, darunter Komponenten eines internen Informationsportals, das eine Just-in-Time-Entscheidungsfindung ermöglicht, und das HBS COVID-19 Business Impact Center, ein nach außen gerichtetes Repository und einen Newsletter, die die neuesten Forschungsergebnisse und Erkenntnisse der HBS-Fakultät bereitstellen.

Neben der Schaffung neuer Produkte haben wir unsere Dienste für virtuelle Referenzen und die Bereitstellung digitaler Inhalte erweitert, mehr als 10.000 digitale Surrogate einzigartiger Materialien veröffentlicht und den Zugang zu lizenzierten Datenbanken und digitalen Alternativen zu Printressourcen erweitert. Wir schufen auch das HBS COVID-19 Community Archive, um die Erfahrungen zu dokumentieren, und starteten eine Sammlungsstrategie, um diese beispiellose Zeit in der amerikanischen Wirtschaft durch Firmenunterlagen und -Websites zu dokumentieren.

Infolgedessen sind die Nutzungszahlen fast aller unserer Dienstleistungen und Informationsprodukte gestiegen. Zum Beispiel die Nutzung der Baker Library Website durch MBA-Student:innen +73% und Alumni +43%, die Datenbanknutzung +76%, Working Knowledge, die Leserschaft +51% und die Books@Baker -Teilnehmer:innen +90%.

Unsere größten Herausforderungen sind die Priorisierung der Arbeit, die Zuteilung der begrenzten Ressourcen und die Aufrechterhaltung unserer Teams, während sie mit Fernarbeit, Kinder- und Seniorenbetreuung jonglierten´, bis hin zu den wachsenden rassistischen und politischen Unruhen und der Gesundheitskrise, die die USA weiterhin erleben. Ich bin den Mitarbeiter:innen zu Dank verpflichtet für ihr Engagement für unsere Ziele, ihre Leidenschaft für unsere Arbeit, ihren Einfallsreichtum und ihren Unternehmergeist. Sie sind sicherlich die “geheime Zutat” für unsere Fähigkeit, für unsere Community relevant zu bleiben!

Studierende unterstützen KMU während der COVID-19-Pandemie
von Aida Maria Ismail, Malaysia

Studierende unterstützen KMU während der COVID-19-Pandemie

von Aida Maria Ismail, Malaysia

Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie und die Durchsetzung der Movement Control Order (MCO) in Malaysia führten zu einem beispiellosen Einbruch der wirtschaftlichen Aktivitäten. Die Unternehmen ergriffen digitale Maßnahmen, um den Ausfall traditioneller Einnahmequellen zu kompensieren. Da immer mehr Unternehmen digitalisiert werden, kämpfen Firmen, die von dieser digitalen Revolution ausgeschlossen sind, ums Überleben und sind vom Florieren weit entfernt. Obwohl die vorherrschende Meinung ist, dass COVID-19 einen Schwenk hin zur Digitalisierung eingeläutet hat, gibt es weiterhin viele Herausforderungen, denen sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) dabei gegenübersehen. Die Digitalisierung ist für KMUs zunehmend nützlich, um ihre Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, obwohl sie bei der Digitalisierung relativ schlecht abschneiden. Staatliche und politische Eingriffe können diesen Prozess erleichtern, und die Universität kann dabei helfen, die Digitalisierung und das Überleben von KMUs zu unterstützen.

Die malaysische „Education Framework Direction“ orientiert sich an den Bedürfnissen und Problemen der lokalen Gemeinschaft. Durch die Initiative “Service-Learning Malaysia – University for Society” (SULAM), die vom Bildungsministerium initiiert wurde, nehmen die Student:innen an einer strukturierten Serviceaktivität teil, die die Bedürfnisse der Gemeinschaft erfüllt. Es handelt sich um eine kursbasierte, anrechenbare Bildungserfahrung. Die SULAM-Pädagogik unterstützt eine humanistische und werteorientierte Bildung als Schlüssel zur Stärkung des Bildungssystems durch die Integration von Liebe, Glück und gegenseitigem Respekt.

Vier Klassen von Abschlusssemester-Studierenden, Bachelor of Accountancy (Hons) von der Fakultät für Rechnungswesen der Universiti Teknologi MARA Selangor, beteiligten sich an SULAM, um vier KMUs dabei zu helfen, die Auswirkungen der Pandemie auf die geschäftliche Nachhaltigkeit zu bewältigen. Um sicherzustellen, dass die Unternehmen während der Pandemie widerstandsfähig bleiben, führten die Student:innen eine umfassende Unternehmensanalyse durch, um eine nachhaltige Strategie und Mechanismen zu entwickeln. Elemente der Digitalisierung wurden in die Nachhaltigkeitsstrategie und -mechanismen integriert, da dies sicherstellt, dass die Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben. Business Model Canvas (BMC) und Businesspläne gehörten zu den Dokumenten, die von den Studierenden erstellt wurden, um den KMU zu helfen, die Unterstützung aus dem staatlichen Konjunkturpaket zu erhalten. Nach dem neuen Standard erfolgte die Umsetzung von SULAM zu 90% über eine digitale Plattform.

Als Beraterin für dieses Projekt war es eine wertvolle Erfahrung, da ich sehen konnte, wie sich die Student:innen in Aktivitäten engagieren, die sich mit den Bedürfnissen der Gemeinschaft befassen, zusammen mit strukturierten Möglichkeiten, die absichtlich so gestaltet sind, dass sie das Lernen der Student:innen fördern. SULAM ist in der Lage, den Sinn für soziale Verantwortung, religiöse und ethnische Toleranz sowie die Entwicklung von Fähigkeiten, wie die Fähigkeit, gut mit anderen zusammenzuarbeiten, Fähigkeiten zum kritischen Denken und kreative Führungs- und Kommunikationsfähigkeiten zu fördern.

Wie die Corona-Pandemie die Digitalisierung in Bibliotheken vorangebracht hat

Die Corona-Krise hat uns alle kalt erwischt. Als plötzlich alle Bibliotheken und Institute ihren Vor-Ort-Service mehr oder weniger geschlossen haben, wurde zunächst eine Bestandsaufnahme gemacht. Das Ergebnis: Viele Institute hatten den Sprung in die Digitalisierung schon lange gemacht oder fast schon abgeschlossen. Die Mitarbeiter:innen waren geschult und hatten die nötigen Fähigkeiten, um ihre Jobs auch digital ausführen zu können. Nun galt es, das gelernte Wissen anzuwenden und noch nicht ausreichend digitalisierte Services zu verbessern.

Viele Bibliotheken legten extra Websites mit Corona-Informationen an und machten Sammlungen online zugänglich, die normalerweise nur vor Ort erreichbar waren. Der Kommunikation mit Mitarbeitenden und Nutzer:innen kam eine wichtige Rolle zu, die vielerorts mit großem persönlichem Engagement und Kreativität erfüllt werden konnte. Websites wurden dynamischer und soziale Medien und Newsletter als noch wichtiger empfunden. Die Mitarbeitenden waren dabei die „geheime Zutat“, aufgrund derer so Vieles während der Pandemie möglich geworden ist.

Um den Mangel an sozialer Interaktion auszugleichen, Teams zusammen- und motiviert zu halten und den persönlichen Kontakt zu den Nutzenden online nicht abreißen zu lassen, wurden Tools wie Zoom oder Teams flächendeckend bereitgestellt und fast über Nacht gelernt.

Gerade die Gruppe der (oft recht jungen) Studierenden wurde mit viel Verständnis und Mitgefühl in den EconBiz-Partnerinstituten überall auf der Welt besonders unterstützt, wie zum Beispiel mit ausgedehnten Chat-Sprechstunden, längeren Online-Öffnungszeiten oder Corona-Aufmunterungsbriefen. Für die Nutzer:innen wurden Selbsttrainings für ein breites Spektrum an Online- und Lern-Fähigkeiten entwickelt und angeboten.

Neben all den Herausforderungen wurde die Krise vielerorts auch als Chance erkannt und genutzt, einen Sprung in die Möglichkeiten der Digitalisierung zu machen. Und auch wenn sich gerade alle nach einer neuen Normalität sehnen, wird sicher Vieles von dem, was in der Corona-Zeit etabliert und lieb gewonnen wurde, Teil dieser neuen Arbeitswelt bleiben.

Hinweis: Ursprünglich wollte noch ein anderes EconBiz-Partnerinstitut seine Erfahrungen teilen. Da sie unter einem Ransomware-Angriff standen, hatten sie allerdings dringendere Probleme als diesen Blogpost. Das kann jedem Dienst passieren, den wir anbieten, und zeigt, wie anfällig digitale Dienste sein können und dass wir in Zukunft mit vielen digitalen Herausforderungen konfrontiert sein werden. Wenn Dinge funktionieren, neigen wir manchmal dazu, das zu vergessen.

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Über die Autor:innen:

Susanne Dalsgaard Krag ist Bibliotheksleiterin der AU Library an der Königlich Dänischen Bibliothek an der Universität Aarhus in Dänemark. Sie leitet 7 Bibliotheken an der Universität Aarhus, Kunst- und Wirtschaftswissenschaften, und ist verantwortlich für das CRIS-System und -Team der Universität und ein Mitglied des Managementteams der Königlichen Bibliothek.

Prof. Dr. Klaus Tochtermann ist Direktor der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Seit vielen Jahren engagiert er sich auf nationaler und internationaler Ebene für Open Science. Er ist Mitglied im Vorstand der EOSC Association (European Open Science Cloud).

Rajen Munoo ist seit über 13 Jahren an den Bibliotheken der Singapore Management University (SMU) beschäftigt, wo er hauptsächlich mit einem Team von Forschungsbibliothekar:innen zusammenarbeitet, um Lernprogramme zu entwerfen, zu entwickeln und durchzuführen, darunter Kurse und Workshops zur Informationskompetenz für ihre jeweiligen Schulen und die breitere SMU-Gemeinschaft. Seine Interessengebiete sind Informations- und digitale Kompetenzen, berufliche Weiterbildung von Bibliotheks- und Informationsmitarbeiter:innen sowie Pädagogik und Instruktionsdesign.

Christine Okret-Manville hat einen Doktortitel in Geschichte, einen Abschluss in Politikwissenschaften und ein Diplom als Archivarin-Paläographin (Archiv- und Bibliothekswissenschaft). Sie ist stellvertretende Direktorin der Bibliothek der Université Paris Dauphine-PSL Library und außerdem für die Bibliotheksdienste für Forschende und die Verwaltung des Universitätsrepositoriums BIRD zuständig.

Vasiliki Mole ist Bibliothekarin mit einem B.A. in Bibliothekswissenschaft und Informationssystemen und einem M.A. in Kulturmanagement. Sie hat in wissenschaftlichen Bibliotheken gearbeitet, hauptsächlich als Auskunfts- und Präsenzbibliothekarin mit den Schwerpunkten Informationskompetenz, Öffentlichkeitsarbeit und Forschungsunterstützung. Zurzeit leitet sie die Bibliothek des Forschungszentrums für Anatolische Zivilisationen (ANAMED).

Corey Seeman (persönliche Website) ist der Direktor der Kresge Library Services (Ross School of Business at the University of Michigan, Ann Arbor). Corey hat über Kundenservice und Change Management in Bibliotheken, insbesondere in wissenschaftlichen Bibliotheken, geschrieben und Vorträge gehalten.

Deb Wallace ist Executive Director of Knowledge and Library Services und Mitglied des HBS Senior Leadership Teams. Sie leitet ein Team von Bibliotheks-, Archiv-, Technik- und Forschungsexpert:innen bei der Bereitstellung innovativer Produkte und Dienstleistungen, um die Bedürfnisse der HBS und der Harvard University zu erfüllen.

Aida Maria Ismail PhD ist Senior Lecturer an der Faculty of Accountancy, University Teknologi MARA (UiTM), Selangor Malaysia. Ihre Verantwortung umfasst Lehr- und Lernaktivitäten, die Betreuung von Forschungsstudent:innen, die Durchführung von Forschungsarbeiten, Veröffentlichungen und Beratung. Ihr Fachgebiet ist Ethik, Governance und Nachhaltigkeit.

Dr. Tamara Pianos studierte Geographie und Anglistik. Nach ihrer Promotion in Kanadastudien und einem Referendariat als wissenschaftliche Bibliothekarin arbeitete sie an der TIB in Hannover. Seit 2005 ist sie an der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft tätig, wo sie heute die Abteilung Informationsversorgung und -zugang leitet. Sie ist Produktmanagerin des EconBiz-Portals und verantwortlich für Informationskompetenzthemen.

Claudia Sittner studierte Journalistik und Sprachen in Hamburg und London. Sie war lange Zeit Referentin beim von der ZBW herausgegebenen Wirtschaftsdienst – Zeitschrift für Wirtschaftspolitik und ist heute Redakteurin des Blogs ZBW MediaTalk. Daneben arbeitet sie als freiberufliche Reise-Bloggerin, Speakerin und Autorin.

Dieser Text ist eine Übersetzung aus dem Englischen.

Quellenangaben der Portraits:
Susanne Dalsgaard Krag© | Klaus Tochtermann: Sven Wied/ZBW© | Rajen Munoo© | Christine Okret-Manville: Patrick Dardinier© | Vasiliki Mole© | Corey Seeman: Bob Hebert/Wake Forest University Library© | Deb Wallace© | Aida Maria Ismail©.

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