Agiles Arbeiten: Kanban bietet Flexibilität und Transparenz für Innovationsprojekte und Open Science

von Birgit Fingerle

Kanban ist eine relativ neue, schlanke Projektmanagementmethode, mit der sich Projekte einfach und übersichtlich organisieren lassen. Populär geworden ist sie dank digitaler Kanban-Apps, wie insbesondere Trello. Ebenso wie Scrum ist Kanban eine Projektmanagementmethode, die eine agile Philosophie in die Praxis überträgt. Beide Ansätze helfen, bessere Produkte (und Services) reibungsloser zu entwickeln. Gemeinsam ist ihnen unter anderem das selbstorganisierte Arbeiten von Teams. Im Unterschied zu Scrum gibt es bei Kanban aber keine festgeschriebenen Rollen im Team. Von beiden bildet Scrum das umfassendere und statischere Konzept. Kanban ist einfacher und gleichzeitig eine mächtige Methode, um Prozesse zu optimieren. Kanban ist auch flexibler, weil hier Aufgaben bei Bedarf fortlaufend neu aufgenommen, priorisiert, zugewiesen und aktualisiert werden können.

Visualisierung und Vermeidung von Multitasking mit Kanban

Zentrale Prinzipien bei Kanban sind das Visualisieren von Aufgaben und das Begrenzen der Anzahl gleichzeitig durchgeführter Aufgaben. Dafür wird ein Kanban-Board, auch Kanban-Tafel genannt, eingesetzt. Die Visualisierung des Arbeitsprozesses schafft eine höhere Transparenz und trägt alleine damit schon dazu bei, dass Ziele mit größerer Wahrscheinlichkeit erreicht werden.

Die Begrenzung auf relativ wenige parallel in Arbeit befindlichen Aufgaben und die damit einhergehende Vermeidung von Multitasking sollen zu einer gleichmäßigen Arbeitsbelastung und zu einer schnelleren Durchführung der einzelnen Aufgaben führen. Probleme, die zu Engpässen führen, werden so schnell sichtbar. Damit wird Überlastung vermieden und die Produktivität bleibt erhalten. Folglich ist Kanban auch ein Diagnose- und Erkenntniswerkzeug. Übersichtlichkeit ist eine seiner größten Stärken.

Kanban-Boards bringen Übersichtlichkeit in Arbeitsaufgaben

Anstehende Aufgaben werden bei Kanban in Form von Karten dargestellt und in einem Kanban-Board organisiert. Auf dem Board sind die Workflow-Phasen als Spalten dargestellt. Diese Spalten durchlaufen die Karten eine nach der anderen, während die darauf jeweils definierte Aufgabe abgearbeitet wird. Für jede Spalte legt das Team ein eigenes „Work in Progress“-Limit, fest, das nicht überschritten werden darf. Es sagt aus, wie viele Arbeitspakete sich gleichzeitig in einem Arbeitsschritt befinden dürfen. Dadurch wird die Anzahl paralleler Arbeiten, die im Team gleichzeitig bearbeitet werden, begrenzt. Erst wenn in einer Spalte genügend Platz frei ist, darf ein fertiges Element aus der vorigen Spalte herübergezogen und weiterbearbeitet werden. Dies soll die Überlastung des Teams oder einzelner Teammitglieder verhindern und alles im Fluss halten. Engpässe im Prozess fallen daher sofort auf. Ein Arbeitspaket, das längere Zeit nicht abgenommen wird, verursacht Stau in den vorhergehenden Schritten. Dieses Problem gilt es umgehend zu analysieren und zu beheben. Die Kanban-Tafel dokumentiert also den jeweils aktuellen Stand des Projekts. Anhand des Kanban-Boards reflektiert das Team (optimal ist täglich) den Status der Aufgaben sowie auftauchende Probleme. Aufgaben weisen sich die Teammitglieder nach dem Pull-Prinzip eigenständig zu, also indem sie diese selbst nehmen und auf dem Board vorwärts ziehen.

Da eine Kanban-Tafel ein Instrument zur Erhöhung der Informationstransparenz ist, sollte sie an einem zentralen Ort jederzeit für das gesamte Team einsehbar sein. Die ursprüngliche Kanban-Tafel wies die Spalten

  • „Zu tun”,
  • „In Arbeit”
  • und „Fertig” auf.

Zahlreiche Varianten dieser Spalten sind möglich, zum Beispiel

  • „wird geschrieben“,
  • „wird entworfen“,
  • und „technische Prüfung“.

Für Ihr eigenes Projekt können Sie sich die Spalten schaffen, die Ihnen helfen, die einzelnen Arbeitsschritte von der Planung bis zur Realisierung abzubilden.

Bei einem physischen Kanban-Board im Raum werden die Aufgaben auf Zettel, meist Haftnotizen, geschrieben. Diese Kanban-Karten treten dann ihren Weg durch die Kanban-Spalten an. So ist jederzeit für jeden Teilnehmer ersichtlich, in welchem Zustand die jeweilige Aufgabe gerade ist. Die Kanban-Karten enthalten auf einen Blick wichtige Details zur Aufgabe: eine kurze Beschreibung des Aufgabenelements mit Angaben zu Inhaber, Fälligkeitsdatum und Status. Die Karte kann weitere Informationen wie Verweise auf Quelldokumente oder eine Liste mit Faktoren, die das weitere Voranschreiten des Aufgabenelements aufhalten könnten, enthalten.

Im Team, alleine und für verschiedene Zwecke: Kanban ist vielfältig

Die Projektmanagementmethode Kanban besticht auch durch ihre vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. Sie ist für verschiedenste Branchen und Tätigkeitsfelder anpassbar: Von der Fertigung bis zum Einzelhandel. Kanban wird häufig in Support- oder Wartungsteams eingesetzt und im Kundenservice. Auch zur Planung von Veröffentlichungen oder Events eignet sich diese Methode.

Außerdem können auch Einzelpersonen mit „Personal Kanban“ ihre Aufgaben planen. Ebenso ist es möglich, mehrere Projekte problemlos in einem Board abzubilden: Entweder ergänzt man das Board um weitere Zeilen („Swimlanes“), die sich jeweils einem bestimmten Projekt zuordnen lassen , oder man verwendet alternativ Kanban-Karten in verschiedenen Farben.

Für manche Anwendungsfälle kann auch eine Kombination von Kanban mit Scrum vorteilhaft sein. Zu den bekannten Mischformen beider agiler Projektmanagementmethoden gehören Scrumban und Kanplan.

Tools für agiles Arbeiten mit Kanban

Physische Boards haben den Vorteil, dass sie immer angezeigt werden, zumindest so lange man sich vor Ort aufhält. Für Remoteteams, insbesondere in Zeiten der COVID-19-Pandemie, oder für Leute mit unleserlicher Handschrift sind sie allerdings nicht ideal. Hier kommen die Vorteile von Online-Tools zum Tragen. Zu den Vorteilen digitaler Kanban-Tafeln gehören auch die schnelle Einrichtung, das einfache Teilen mit anderen und die Möglichkeit, eine unbegrenzte Zahl an Kommentaren im Verlauf des Projekts asynchron zu verfolgen. Teammitgliedern wird im Kanban-Board jederzeit der aktuelle Projektstatus angezeigt.

Ein sehr bekanntes digitales Tool zum Anlegen und Bearbeiten von Kanban-Boards ist Trello. Außerdem eignet sich Trello auch für die Organisation der persönlichen Aufgaben. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer Kanban-Apps, von denen Meistertask und Kanban Tool nur eine kleine Auswahl darstellen. Open-Source-Lösungen gibt es zum Beispiel mit Kanboard, Restyaboard und WeKan.

Erste Schritte mit Kanban in der Praxis

Kanban ist eine recht simple Methode. Fangen Sie einfach damit an, indem Sie ein erstes Kanban-Board anlegen. Falls Sie aktuell kein passendes berufliches Projekt haben, wie wäre es mit einem privaten Projekt? Vielleicht legen Sie eine Reiseplanung mit Trello oder einem anderen Tool an oder planen die zum Erlernen einer neuen Sprache erforderlichen Schritte auf einem Kanban-Board bei sich zu Hause an der Wand im Wohnzimmer.

Einen guten Einstieg in agiles Arbeiten kann auch das Teamboard, auch Führungsmonitor genannt, bieten (siehe Oestereich, Bernd; Schröder, Claudia; Agile Organisationsentwicklung; Vahlen, 2019, S. 88 ff.).

Teamboard, Diese Grafik ist lizensiert unter Creative Commons “CC BY SA 4.0.
Kommerzielle Verwendung bei Nennung des Rechteinhabers erlaubt: Bernd Oestereich, Claudia Schröder, Werkstatt für kollegiale Führung)

Es basiert auf der Kanban-Idee, ist aber letztlich eine starke Vereinfachung davon und enthält keine vorgeschriebenen „Work in Progress“-Limits. Dennoch wirkt das Teamboard ähnlich. Weil der Platz in den Spalten begrenzt ist, können auch hier Spalten verstopfen und damit einen Anhaltspunkt zur Reflexion bieten. Wie Kanban wird es nach dem Pull-Prinzip bearbeitet.

Im Unterschied zu Kanban-Tafeln oder Backlogs enthält das Teamboard keine regulären Arbeitsinhalte, sondern nur solche, die nicht Teil des Arbeitsalltags sind oder zu organisatorischen Veränderungen daran führen würden. Alle Aufgaben, die ungeklärt oder unvorhergesehen aufgetaucht sind, gehören dort hinein. Das Teamboard dient der gemeinsamen Beobachtung und Bearbeitung dieser führungsrelevanten Aktivitäten. Mit ihm wird auf einfache Art und Weise ein permanenter, regelmäßig zu aktualisierender Überblick über den Status von Entscheidungsbedarfen in einer Organisation oder Organisationseinheit hergestellt. Es bietet einen einfachen Weg, neue Entscheidungsbedarfe in eine Organisation einzubringen. Insofern unterstützt es den Transformationsprozess selbst.

Einfachheit und Transparenz erleichtern die Projektorganisation mit Kanban

Zu den vielen Vorteilen von Kanban-Boards zählt auch, dass sich der Kommunikationsaufwand reduziert und dass aus einem Ziel eine öffentliche Verpflichtung wird. Außerdem motivieren erreichte Ziele zu neuen Aktivitäten, und der regelmäßige Austausch fördert Kreativität. Die aktive Beteiligung aller und eine kontinuierliche Verbesserung sind wichtige Werte in Kanban. Kanban erleichtert es Teams damit nicht nur, sich zu organisieren, es macht auch Spaß, den Fortschritt so klar und konkret verfolgen zu können.

Es lohnt sich also, Kanban auszuprobieren, um damit Open Science, Innovationsprojekte oder die Organisation als Ganzes voranzubringen. Als Visualisierungstool, das auf die Herstellung von Transparenz abzielt, führt es ferner dazu, bei der Umsetzung von Open Science selbst mehr Openness zu praktizieren.

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Über die Autorin:

Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem “Open Economics Guide”.Birgit Fingerle ist auch auf Twitter zu finden.
Porträt, Fotograf: Northerncards©

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Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem "Open Economics Guide". (Porträt: Copyright

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