Open-Access-Tage 2020: Highlights & Tipps
Unter dem Motto „Wege, Akteur*innen, Effekte“ fanden die Open-Access-Tage 2020 erstmals online statt. Vier Kolleginnen und Kollegen teilen ihre Highlights von Bibliometrie über Open-Source-Tools hin zu Transformationsverträgen und Vernetzung mit uns und werfen so ein persönliches Schlaglicht auf die Veranstaltung.
von Kristin Biesenbender, Ralf Flohr, Olaf Siegert und Dr. Nicole Waidlein
Die Open-Access-Tage 2020 wurden vom 15. – 17.09.2020 von der Universitätsbibliothek Bielefeld und der Hochschulbibliothek der Fachhochschule Bielefeld in Kooperation mit der Informationsplattform open-access.net online veranstaltet. Sie standen unter dem Motto „Wege, Akteur*innen, Effekte“. Wir haben einige Kolleginnen und Kollegen gebeten, die Glanzpunkte der Veranstaltung aus ihrer Sicht für uns zusammenzufassen.
Workshop „Single-Source-Publishing mit Markdown, GitLab, pandoc und OJS: ausprobieren, diskutieren, Perspektiven entwickeln“
von Kristin Biesenbender
Mein Veranstaltungs-Highlight der diesjährigen Open-Access-Tage war der Online-Workshop „Single-Source-Publishing mit Markdown, GitLab, pandoc und OJS: ausprobieren, diskutieren, Perspektiven entwickeln“.
Interessant ist der Ansatz, mithilfe von Open-Source-Tools eine Quelldatei in Markdown zu erstellen, aus der sich dann mit pandoc eine Vielzahl von Ausgabeformaten, wie HTML, PDF, epub und viele mehr, erzeugen lassen. Ein derartiges Vorgehen ermöglicht moderne Workflows, die auch für ein nachhaltiges Publizieren in der Zukunft gut aufgestellt sind.
Über die im Detail sehr interessanten technischen Aspekte nimmt dieser Ansatz auch soziale, kulturelle, ökonomische Aspekte, die eine Rolle beim Publizieren spielen, in den Blick. Es ist ein offener Prozess, bei dem die technischen Lösungen auch immer zur Fächerkultur, dem Selbstverständnis der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Redakteurinnen und Redakteure und den finanziellen Rahmenbedingungen passen müssen. Fest steht, es ist notwendig und unbedingt sinnvoll, die technischen Potenziale von Open-Source-Tools auszuschöpfen, um moderne Workflows zu implementieren und eine offene Wissenschaft zu unterstützen. Dies fordert auf der sozialen Ebene die Menschen, die damit zukünftig arbeiten werden, heraus. Ein spannender Prozess.
Open-Access-Profile der Hochschulen und außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland
von Ralf Flohr
In der Session “Open-Access-Monitoring und Bibliometrie” stellte Anne Hobert eine Studie zur Open-Access-Verfügbarkeit wissenschaftlicher Zeitschriftenartikel aus der deutschen universitären und außeruniversitären Forschung vor.
In der Studie wurden Titeldaten aus dem Web-of-Science-Datensatz des Kompetenzzentrums Bibliometrie für die Jahre 2010-2018 analysiert. Um den Open-Access-Status der Publikationen zu ermitteln, wurden die Artikeldaten mit Angaben aus Unpaywall, der ISSN-3.0-Liste von Gold-OA-Zeitschriften und OpenDOAR abgeglichen. Die Ergebnisse der Studie wurden dann in einem öffentlich zugänglichen interaktiven Dashboard sehr ansprechend visualisiert. In dem Dashboard können Open-Access-Anteile des Forschungsoutputs für die Hochschulen und Forschungsorganisationen insgesamt, aber auch für einzelne Institutionen ermittelt und miteinander verglichen werden. Es ist sogar möglich, nachzuvollziehen, wie viele Publikationen über den Goldenen oder Grünen Weg im OA bereitgestellt wurden. Durch die Beschränkung auf Zeitschriftenartikel aus dem Web of Science können zwar nicht alle Ausprägungen des Publikationsverhaltens der beteiligten Einrichtungen erfasst werden. Die Studie bietet trotzdem sehr wertvolle Erkenntnisse zur Open-Access-Verfügbarkeit in der deutschen Forschung. Sie ist darüber hinaus auch eine gute Ausgangsbasis für zukünftige Analysen der Auswirkungen der DEAL-Verträge.
Session: „Transformative agreements: Lessons learned and outlook“
von Olaf Siegert
Im Rahmen der diesjährigen Open-Access-Tage gab es eine international hoch besetzte Session zum Thema Transformationsvorträge. Dabei handelt es sich um Lizenzierungsverträge von Wissenschaftseinrichtungen mit Fachverlagen, bei denen nicht nur der digitale Zugang zu Fachliteratur geregelt wird, sondern auch die Open-Access-Veröffentlichungen von Angehörigen der Wissenschaftseinrichtungen in den Fachzeitschriften des Verlags (man spricht daher auch oft von „Read And Publish Agreements“). In der Session wurden die Erfahrungen mit Transformationsverträgen aus sechs verschiedenen europäischen Ländern vorgestellt: Schweden, Österreich, Niederlande, Großbritannien, Finnland und Deutschland.
Bei den Vorträgen wurden unterschiedliche Aspekte rund um das Thema Transformationsaspekte hervorgehoben. So stellte Arjan Schalken für den Vortrag zu den Niederlanden heraus, dass die Vertragsverhandlungen und die Vertragsgestaltung nur ein wichtiger Aspekt im gesamten Prozess darstellen – genauso wichtig sei aber auch die Umsetzung der Verträge sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene in jeder Wissenschaftseinrichtung. Hier sind so viele verschiedene Stakeholder involviert (Universitäten, Bibliotheken, Verlage, die Autorinnen und Autoren der Beiträge und viele mehr), dass selbst bei einem gut gestalteten Vertrag das Ergebnis nicht automatisch optimal ist. Eine gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten ist daher von zentraler Bedeutung.
Brigitte Kromp berichtete am Beispiel von Österreich, dass bei der Umstellung auf ein publikationsbasiertes Kostenmodell die Kostenverteilung zwischen den beteiligten Wissenschaftseinrichtungen enorm wichtig sei und es dabei zu keinen Verwerfungen beim Übergang kommen darf. Daher wird in Österreich die Strategie verfolgt, dass keine Einrichtung pro Jahr mehr als 10% Kostenzuwachs haben darf.
Amy Devenny und Anna Vernon präsentierten die Situation in Großbritannien und gingen hier insbesondere auf die finanziellen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie ein, die Großbritannien in Verbindung mit dem Brexit besonders treffen und zu starken Budgetkürzungen führen werden. Daher haben die britischen Wissenschaftseinrichtungen bereits einen offenen Brief an die Fachverlage veröffentlicht, in dem sie eine Kostenreduktion um 25% bei zukünftigen Lizenzverträgen fordern.
Insgesamt also eine sehr lohnenswerte Session für alle im Bereich Lizenzmanagement und Open Access Engagierten! Insbesondere hilft solch ein Blick über den Tellerrand, die Transformationsaktivitäten in Deutschland (zum Beispiel rund um das Projekt DEAL) besser einordnen zu können und darauf aufbauend Schritte für die weitere Entwicklung zu planen.
Workshop „Kompetenzausbau und Vernetzung zu Open Access – die neue Plattform open-access.network”
von Nicole Waidlein
Mein Veranstaltungs-Highlight bei den OA-Tagen 2020 war der Workshop „Kompetenzausbau und Vernetzung zu Open Access – die neue Plattform open-access.network”. In diesem Workshop wurden einerseits die Entwicklungen des BMBF-geförderten Projektes open-access.network vorgestellt und andererseits die Fragen und Wünsche der anwesenden OA-Community aufgenommen. Die Plattform open-access.network informiert unterschiedliche Zielgruppen, wie Autoren, Herausgeber, Bibliotheken oder Verlage, über die vielen Facetten von Open Access. Daher hat mich insbesondere interessiert, wie diese Plattform weiterentwickelt wird und welche Angebote hinzukommen werden.
Nach wie vor herrscht in der OA-Community viel Unsicherheit. In welchen Zeitschriften kann publiziert werden? Welche rechtlichen Konsequenzen hat dies für die Autorinnen und Autoren? Auf Seiten der Open-Access-Zeitschriften ist die finanzielle Lage nicht hinreichend und langfristig geklärt. Die Open-Access-Welt ist nach wie vor unübersichtlich. Daher empfehle ich allen, die sich für Open Access interessieren oder damit nicht vertraut sind, auf den Seiten von open-access.network zu stöbern. Zudem lädt das neu geschaffene Forum zu Fragen und Diskussionen ein. Für all jene, die das Thema weiter aktiv voranbringen möchten, sind die digitalen Fokusgruppen ein Ort, um über spezielle Themen zu diskutieren. Zudem wird eine Vielzahl von Fortbildungs- und Schulungsangeboten wie Barcamps, Workshops und Webinare angeboten, die für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oder auch Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sehr interessant sein werden.
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- Twitter Account der Open-Access-Tage.
- Beiträge der Open Access Tage 2020 auf Zenodo.
- Übersicht der Postersessions der Open-Access-Tage 2020.
- Toolmarktplatz der Open-Access-Tage 2020.
- Open-Access-Tage 2019: Geschäftsmodelle und ihre finanziellen Folgen für die Open-Access-Transformation.
- Open-Access-Tage 2018 – Teil I: Wie entwickelt sich Open Access im Kontext von Open Science.
- Open-Access-Tage 2018 – Teil II: Wie entwickelt sich Open Access in einzelnen Fächern und Projekten.
- Weitere Blogposts bei ZBW-MediaTalk zum Thema „Open Access“.
Kristin Biesenbender ist wissenschaftliche Redakteurin der Zeitschrift Wirtschaftsdienst der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft sowie Doktorandin an der Universität Hamburg im Bereich Soziologie, insbesondere Wissenschaftsforschung.
Portät: Kristin Biesenbender©
Ralf Flohr ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Publikationsdienste und Content Manager von EconStor an der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Er ist auch auf LinkedIn zu finden.
Porträt: Ralf Flohr©
Olaf Siegert leitet die Abteilung Publikationsdienste der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft und engagiert sich als ihr Open-Access-Beauftragter. Für die Leibniz-Gemeinschaft repräsentiert er den Leibniz-Arbeitskreis Open Access in externen Gremien: So ist er bei der Allianz der Wissenschaftsorganisationen in der AG Wissenschaftliches Publikationssystem und bei Science Europe für die Leibniz-Gemeinschaft aktiv.
Porträt: ZBW©
Dr. Nicole Waidlein ist wissenschaftliche Redakteurin der Zeitschrift Wirtschaftsdienst der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Sie ist auch auf ORCID zu finden.
Porträt: ZBW©, Photografin Lisa Flieger
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