Der YES!-Spirit: Eine junge Community aktivieren und Wissen vermitteln

von Svea Kreutz und Willi Scholz

Das YES! – Young Economic Summit ist eines der Projekte, die man so schnell nicht vergisst. 2015 in Kiel von der Joachim Herz Stiftung und der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft (ZBW) initiiert, nahmen damals rund 150 Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein und Hamburg teil. Der YES!-Spirit, wie ihn alle Teilnehmenden nennen, entwickelte seither seine ganz eigene Dynamik. 2019 bereits in ganz Deutschland aktiv, konnte das Projekt im aktuellen Jahr mit rund 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmern punkten.

Was ist das YES!?

Das YES! ist ein Schulwettbewerb, der sich an Schülerinnen und Schüler der Oberstufe richtet. In einem Zeitraum von ca. sechs Monaten erarbeiten diese Lösungsvorschläge zu ökonomischen, gesellschaftlichen und ökologischen Fragestellungen, die von Forschenden renommierter Institute aus Deutschland gestellt und begleitet werden. Als erste Hürde müssen die Schulteams in regionalen Finalen ihre Lösungsidee den anderen Schülerinnen und Schülern präsentieren, die dann entscheiden, wer die Region im Bundesfinale vertritt.

Das Bundesfinale bringt alle nationalen Finalisten und auch internationale Gastschulen zusammen. Ideen und Lösungsvorschläge werden präsentiert, untereinander und mit eingeladenen Expertinnen und Experten diskutiert, und am Ende wird die beste Lösungsidee gewählt. Das diesjährige Gewinnerteam vom Martin-Andersen-Nexö Gymnasium Dresden hat sich beispielsweise zu der Fragestellung „Woher kommt die Kohle nach der Kohle? Strukturwandel in den ostdeutschen Braunkohlerevieren“ für mehr Bürgerbeteiligung in der Region eingesetzt. Ihr Konzept sieht vor, dass ein Teil der Gelder für die Strukturveränderung in der Lausitz direkt von den Bürgerinnen und Bürgern der Lausitz verteilt wird.

Erfolgsfaktoren des Jugendprojekts YES!

Aber warum kommt dieses Format so gut an? Sind es die vielfältigen ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Themen, der Dialog mit Wissenschaft, Politik und Gesellschaft, die Arbeit als Team zur Entwicklung einer eigenen Lösung, der Wettbewerb an sich oder der Kontakt mit anderen Schulen aus ganz Deutschland? Vermutlich ist es eine Mischung aus allem.

Ein entscheidender Faktor war wohl der richtige Instinkt, das Projekt zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu etablieren. Noch vor Initiativen wie „Fridays for Future“ hat das YES! – Young Economic Summit seinen Start gefunden und als eines der ersten Projekte Schülerinnen und Schülern eine eigene Stimme für drängende Probleme ihrer Generation gegeben. Dazu gehört nicht nur die eigenständige Entwicklung einer Lösungsidee oder der Austausch mit Entscheiderinnen und Entscheidern sowie der eigenen Generation, sondern auch das Voting zum Schluss, das diesen Schulwettbewerb zu seinem Alleinstellungsmerkmal verhilft. Denn die Jugendlichen selbst entscheiden in einer demokratischen Wahl, wer die beste Lösungsidee entwickelt hat!

Vom Wissenstransfer zum Schulwettbewerb

Doch wie beginnt man ein solches Projekt? Der Transfer von Wissen war anfangs das Ziel. Das Leitbild der Leibniz-Gemeinschaft, die Vermittlung von wissenschaftlichen Erkenntnissen an außerakademische Zielgruppen, sollte durch das YES! mitgetragen werden und so einen Beitrag zur ökonomischen Bildung, Informationskompetenz, Reflexions- und Innovationsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern leisten und sie damit auf ein mögliches Studium vorbereiten.

Doch um erfolgreich zu sein, reicht nicht das bloße Ziel. Eine ausführliche Situationsanalyse ist sinnvoll, um genaue Kenntnisse über Stärken und Schwächen des Projekts zu erlangen, Risiken zu erkennen, ähnliche Formate zu identifizieren und letztendlich zu verstehen, wer die Zielgruppe ist, wer sie beeinflusst – insgesamt: Was für Rahmenbedingungen gegeben sind.

Kultur des Zuhörens, motiviertes Team und viel YES!-Spirit

Dass wir tatsächlich mit dem YES! erfolgreich sind, merken wir an vielen Faktoren: Durch zunehmende Beteiligung von immer mehr Schulen, Kooperationsanfragen von Forschungsinstituten, Interesse der Politik und auch durch gewonnene Preise. In diesem Jahr haben wir zum Beispiel den Meritum Förderpreis des Deutschen Aktieninstituts e.V. für die Beteiligung von Jugendlichen an Demokratie und Sozialer Marktwirtschaft erhalten.

„YES! fördert das Denken in Zusammenhängen und ermuntert Heranwachsende, Antworten auf komplexe Zukunftsfragen zu finden. Es ermöglicht der kommenden Generation, sich aktiv an der Lösungsfindung für Probleme zu beteiligen, die gerade sie am meisten betreffen werden. Die Initiative fördert dadurch die ökonomische und politische Bildung der heranwachsenden Generationen. Das Deutsche Aktieninstitut verleiht YES! daher den Meritum Förderpreis. Das Preisgeld von 25.000 Euro wird der Initiative helfen, weitere spannende Schulprojekte zu realisieren.“
 
Meritum Förderpreisträger 2020

Ein wohl weiteres wichtiges Merkmal des YES! ist seine Qualität. Dabei sind keine großen Personalressourcen erforderlich, um professionell und qualitativ zu agieren (in der ZBW sind wir fünf Personen für ganz Deutschland). Es bedarf eines guten Teams, einer guten Organisation, guter Kommunikation, hier insbesondere einer Kultur des Zuhörens, einer großen Portion Motivation und Engagement. Das Team fungiert dabei als Katalysator, durch den Ideen mit viel Herzblut vorangetrieben und Visionen entwickelt werden. Es sitzt nicht nur in der ZBW, sondern auch in der Joachim Herz Stiftung, und an vielen Forschungsinstituten quer durch Deutschland wird der Wissenstransfer begeistert unterstützt und der YES!-Spirit geteilt. Über die Jahre ist so ein solides Netzwerk an wissenschaftlichen Instituten entstanden, deren Mitarbeitende bereit sind, den YES!-Spirit mitzutragen und in den Dialog mit den Jugendlichen zu treten.

YES! 2020: Mit Kreativität in die digitale Welt

Ein gutes Beispiel dafür ist das diesjährige YES! 2020. Wie auch alle anderen hat uns die COVID-19-Pandemie inmitten des Projektprozesses überrascht. Es war nicht klar, wie sich die Situation entwickeln würde, ob die Schulen und Institute dabeibleiben und ob eine vormals hauptsächlich physische Veranstaltung digital umgesetzt werden kann. Aber es ging gar nicht mal um das „ob“, sondern vielmehr um das „wie“. Rein digitale Veranstaltungen waren für uns zwar Neuland, aber nicht unmöglich. Mit viel Einarbeitung, Kreativität und Ausprobieren neuer Videokonferenztools sowie intensiver Betreuung der Schulen durch weiterhin motivierte Forschungsinstitute konnte das YES! auch digital durchgeführt werden – ohne den „YES!-Spirit“ zu verlieren.

Dafür wurden die Kick-offs mit den Schulen und die Fachgespräche zunächst per Skype durchgeführt. Schließlich setze sich in der ZBW, wie in vielen anderen Unternehmen, Zoom durch. Um das YES! möglichst kurzweilig in Zoom durchzuführen, haben wir uns intensiv mit den Möglichkeiten dieses digitalen Konferenz-Tools auseinandergesetzt.

Für die fünf Regionalfinals haben wir im Meeting die Funktion der Breakout-Räume genutzt und so jeweils zwei zusätzliche Konferenzräume zur zeitlichen Entzerrung der Veranstaltung erstellen können. Beim Finale wiederum wurden die Breakout-Räume zum Netzwerken und für Auflockerungsübungen mit den Schülerinnen und Schülern angelegt, um die so typische YES!-Atmosphäre digital herzustellen.

Unsere Empfehlung an alle, die digital durchstarten wollen, ist also, nicht nur eins zu eins den Transfer der physischen Veranstaltung ins Digitale zu vollziehen, sondern die Veranstaltung neu zu denken und sich zu überlegen, wie beispielsweise die Atmosphäre ins Digitale übertragen werden könnte. Wie sprechen, agieren, reagieren Menschen (insbesondere Jugendliche), wenn sie vor ihren Bildschirmen sitzen? Denn die Rahmenbedingungen, die Veranstaltungen wie das YES! ausmachen, wie die Atmosphäre und vor allem das Netzwerken mit anderen YES!-Teams, Forschenden sowie Expertinnen und Experten sind sehr viel aufwändiger ins Digitale zu übertragen als die reinen Präsentationen.

Erfolgsfaktor Zielgruppenansprache

Mal abgesehen von der besonderen Herausforderung durch Covid-19 in diesem Jahr, ist die richtige Zielgruppenansprache ebenfalls ein wichtiger Erfolgsfaktor für das YES!. Diese beginnt mit der Akquise. Es gilt nicht nur, die Schülerinnen und Schüler von uns zu überzeugen, sondern zunächst zu den Lehrkräften vorzudringen. Folglich investieren wir viel Zeit und Kreativität in Marketingmaßnahmen, um mit der passenden Bildsprache einen positiven ersten Eindruck zu erreichen. Dafür haben wir zum Beispiel ein spezielles Corporate Design entwickelt, das neben unserem aussagekräftigen Logo auch ausgewählte Farben, Schriftarten und Designs enthält und so jung und dynamisch wirkt.

Außerdem geht es darum, die richtige Balance zwischen Zielinhalten für Lehrkräfte und Motivatoren für Schülerinnen und Schüler zu finden. Eine gute Analyse im Vorfeld kann hilfreich sein, um zu klären, wie die Zielgruppe erreicht werden kann, welche Medien dafür genutzt werden sollten, was für Inhalte sinnvoll und zielführend sind und ob es bereits vorhandene Netzwerke gibt, die eine Kontaktaufnahme vereinfachen würden. So fand etwa das erste YES! parallel zum damaligen Global Economic Symposium (jetzt Global Solutions) in Kiel statt, und das YES! profitierte von den Sprecherinnen und Sprechern des GES 2015.

Ausblick auf das YES! 2021

Für das YES! 2021 können wir uns auf rund neun weitere Partnerinstitute freuen, die sich engagieren möchten, um Schülerinnen und Schüler bei der Lösungsfindung für drängende Probleme von heute und morgen zu unterstützen. Es werden uns über 50 Themen begleiten, wie beispielsweise „Der Covid-19-Einbruch: Bis zu welchem Grad können staatliche Eingriffe die Wirtschaft schützen?“, aber auch „Tablet statt Tafel? Sinnvolle Digitalisierung an deutschen Schulen vorantreiben“ und „My Job for Future – Welche Rolle spielen Umwelt- und Klimaschutz bei der Berufswahl?“.

Dem YES! folgen:

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Über die Autorinnen:

Svea Kreutz ist Projektmanagerin beim YES! – Young Economic Summit an der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Nebenbei studiert sie Digital Management und Transformation. Zuvor arbeitete sie beim Verlagshaus DER SPIEGEL und studierte Sozio-Ökonomik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Porträt, Fotograf: Timo Wilke©

Dr. Willi Scholz ist Referent für wissenschaftspolitische Beratung an der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft und Projektleiter des YES! – Young Economic Summit. Von 2016 bis 2018 war er Adjunct Professor für Internationale Beziehungen am Vesalius College in Brüssel. Zuvor arbeitete er in verschiedenen Positionen am Institut für Weltwirtschaft (IfW) innerhalb des Zentrums Global Economic Symposium (GES), zuletzt als Zentrumsleiter.
Porträt: Dr. Willi Scholz©, Fotograf: Timo Wilke

Quellenangaben der Fotos:
Beitragsbild: Pressebilder der ZBW, Fotograf Sven Wied

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