Ausstellung Open UP! Wie die Digitalisierung die Wissenschaft verändert

von Birgit Fingerle und Dr. Doreen Siegfried

Im Zuge der Digitalisierung wandeln sich Bibliotheken als zentrale Instanzen einer Wissensgesellschaft. Für die Öffentlichkeit ist dieser Wandel jedoch nicht automatisch nachvollziehbar; ist bei vielen doch das Konzept Bibliothek als analoger Ort für Printmaterialien fest verankert. Aufgrund dieser Kluft müssen wissenschaftliche Infrastrukturdienstleister ihr aktuelles Profil oft aufwändig erläutern. Dabei ist es für die Vermittlung ihrer Relevanz wichtig, dass ihre verschiedenen Anspruchsgruppen die digitale Transformation von Bibliotheken in vollem Umfang verstehen.

Wanderausstellung soll die Kluft überbrücken

Um diese Kluft zu überbrücken, gilt es, komplexe Sachverhalte aus Wissenschaft und Informationsinfrastruktur interessant und verständlich aufzubereiten.

Wie dieses Begreifbarmachen mit einer interaktiven Ausstellung organisiert werden kann, soll im Folgenden am Beispiel der Wanderausstellung „Open UP! Wie die Digitalisierung die Wissenschaft verändert erläutert werden.

Die Wanderausstellung findet vor dem Hintergrund statt, dass die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft 2019 ihren 100. Geburtstag feierte.

Sie tourt seit dem 4. Februar bis zum 17. Dezember 20190 durch Deutschland und richtet sich zum einen an Wissenschaftsinterne, wie Forschende der Wirtschaftswissenschaften, wissenschaftliche Partnerinnen und Partner in Kooperations- und Forschungsprojekten, Bibliotheken oder Förderer. Zum anderen adressiert die ZBW damit Wissenschaftsexterne, wie die interessierte Öffentlichkeit. Diese bekommt die Möglichkeit, einmal hinter die Kulissen des Wissenschaftsbetriebes zu blicken.

Die Ausstellung besteht aus drei Themeninseln.

Themeninsel „Digitale Vernetzung“

Welche Infrastrukturen die ZBW bundesweit für das Forschungsdatenmanagement aufbaut, wie das Teilen von Daten gefördert und wie Forschende im Umgang mit Forschungsdaten unterstützt werden können, vermittelt die Themeninsel „Digitale Vernetzung“ mit folgenden Inhalten:

  • Die Individualsicht der Forschenden zum Teilen von Forschungsdaten und Forschungsergebnissen zu den Fragen „Was tun, um das Teilen von Daten zu fördern?“ und „Welche Rolle spielt die Persönlichkeit der Wissenschaftlerin oder des Wissenschaftlers?
  • Der gesellschaftliche Nutzen offener Daten im Allgemeinen und Probleme und Fakten rund um Open Research Data sowie der Nutzen von offenen Daten in der Forschung für die Gesellschaft.
  • Welche großen Trends es in der Wissenschaftspolitik gibt, welche Rolle Open Science spielt, welche Rolle insbesondere Bibliotheken spielen, und was die digitale Revolution für den Wissenschaftsbetrieb bedeutet.
  • Was es mit der GO-FAIR-Bewegung auf sich hat und ihre ersten Erfolge.
  • Darstellung eines Projekts zum Aufbau einer vernetzten Forschungsdateninfrastruktur, die Forschenden in Zukunft erstmals eine systematische Recherche nach Forschungsdaten über Disziplingrenzen hinweg ermöglichen soll (GeRDI – Generic Research Data Infrastructure ). Anja Busch erläutert im Interview, wie man eine generische Forschungsdateninfrastruktur aufbaut

Themeninsel „Neue Publikationsarten“

Was wäre, wenn die Gemeinfreiheit wissenschaftlicher Information als internationales Recht betrachtet würde? Wie wäre die Welt, wenn Open Access die vorherrschende Publikationsform in der Wissenschaft wäre? Und was wäre anders, wenn wissenschaftliche Wirksamkeit nicht mehr allein an Publikationen und Zitationen gemessen würde? Besucherinnen und Besucher erfahren in der Themeninsel „Neue Publikationsarten“, mit welchen Ergebnissen die ZBW alternative Leistungsindikatoren erforscht und neue Wege für den fairen Zugang zu Forschungsergebnissen erprobt:

  • Wie soziale Medien die Wissenschaft verändern, wie Forscherinnen und Forscher soziale Medien in ihrem Arbeitsalltag nutzen, und welche Social-Media-Typen es in der Wissenschaft gibt.
  • In welchen diversen Krisen die Wissenschaft derzeit steckt, und wie wissenschaftliche Leistung dank Altmetrics künftig umfassender gemessen werden kann.
  • Besucherinnen und Besucher werden im Rahmen eines Experiments selbst zu Forschenden und können Publikationen auf Basis der zugehörigen Metriken beurteilen und ordnen. Ein Interview mit Steffen Lemke zu den Hintergründen des Experiments ist online abrufbar.
  • Wie der Zugang zu Forschungsergebnissen offener werden kann, da das traditionelle wissenschaftliche Publikationssystem die Leserschaft noch auf Einrichtungen mit zahlungskräftigen Bibliotheken beschränkt, sodass die interessierte Öffentlichkeit ohne Bibliothekszugang außen vor bleibt.
  • Wie die Leistungsmessung in unserem aktuellen Wissenschaftssystem funktioniert, was daran nicht mehr zeitgemäß ist, und wie Leistungsmessung im Open-Science-Zeitalter aussehen kann. Athanasios Mazarakis, Gamification- und Motivationsexperte, erklärt im Interview, mit welchen Anreizen man Open Science fördern könnte.
  • Wie EconStor es als eine etablierte Infrastruktur für freies Publizieren in den Wirtschaftswissenschaften ermöglicht, wirtschaftswissenschaftliche Forschungsergebnisse kostenfrei online zu lesen und an Wissenschaft teilzuhaben.

Themeninsel „Literatur finden“

Etwa alle neun Jahre verdoppelt sich weltweit die Zahl wissenschaftlicher Publikationen. Allein in den Wirtschaftswissenschaften gibt es jährlich über 50.000 Veröffentlichungen. Um diese Menge zu bewältigen, erforscht die ZBW im Themenfeld Künstliche Intelligenz, wie sich große Datenmengen erschließen, intelligentes Verhalten automatisieren und sinnvolle Empfehlungssysteme gestalten lassen:

  • Wie man mit automatischen Verfahren effizient wirtschaftswissenschaftliche Literatur inhaltlich beschreibt. Anna Kasprzik erläutert im Audiointerview, wie Mensch und Maschine zusammenarbeiten können, damit man Quantität und Qualität zusammenbekommt.
  • Wie eine Maschine Texte automatisch so vergleichen kann, dass Leserinnen und Leser erkennen, ob ein Text ihnen Neues bietet.
  • Welches die Trends des Wissen-Schaffens sind, welche Länder besonders publikationsstark sind, in welchem Ausmaß die Zahl wissenschaftlicher Zeitschriften steigt, oder wie viele Publikationen derzeit weltweit kursieren.
  • In einem Experiment werden die Besucherinnen und Besucher selbst zu Forschenden und sollen entscheiden, welche Veröffentlichungen sie als wissenschaftlich ansehen und welche nicht.
  • Wie konkret die digitale Transformation in der ZBW stattfindet.
  • Wie EconBiz eine forschungsbasierte Lösung der ZBW darstellt, die Wirtschaftsforschenden und anderen Interessierten einen transparenten und von kommerziellen Interessen unabhängigen Zugang zu wirtschaftswissenschaftlicher Fachliteratur gibt, der zugleich einfach und kostenfrei ist.

Ein umfangreiches Führungsprogramm an den Gastorten für unterschiedliche Zielgruppen ermöglicht den direkten Austausch. Für alle Besucherinnen und Besucher gibt es zudem ein kostenfreies Begleit-Booklet „Was ist Open Science?“.

Wer die Hintergrundliteratur nachlesen möchte, kann sich online eine kuratierte Leseempfehlung herunterladen.

Weitere Informationen

Hier können Sie die Wanderausstellung besuchen:

  • München, 24. Juni 2019 bis 18. September 2019, Deutsches Museum – Bibliothek
  • Hamburg, 23. September 2019 bis 17. Dezember 2019, ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
    • Autorinnen:
      Birgit Fingerle, Innovationsmanagement, Open Innovation und Open Science und Dr. Doreen Siegfried, Leitung Marketing und Public Relations | ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
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    Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem "Open Economics Guide". (Porträt: Copyright

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