Indoor-Ansichten von Bibliotheken: StreetView und die Alternativen

Heute wollen wir ein Versprechen einlösen! Kürzlich haben wir uns auf Facebook einige Bibliotheken angesehen, die schon seit einiger Zeit auf Google Street View vertreten sind – nicht in Form straßenseitiger Fassadenrepräsentanzen, sondern mit 360°-Aufnahmen aus den Innenräumen. Das Thema kommt immer mal wieder auf, vor einigen Tagen gab so zum Beispiel das British Museum eine Partnerschaft mit Google bekannt, in deren Rahmen 4.500 Exponate digitalisiert und in Form einer virtuellen Ausstellung zur Verfügung gestellt werden.

Das Interesse der Bibliotheks-Community ist ebenfalls groß – allerdings ebenso groß auch das Zögern. Wer Google einen Blick in sein Heiligtum werfen lassen will, muss zunächst einige Privacy-Abwägungen vornehmen (obwohl die Bibliotheken meist im unbesuchten Zustand gezeigt werden), zudem muss man sich um ein kleines Budget bemühen, denn die Fotosessions gibt es nicht umsonst. Doch es gibt auch kostengünstige Alternativen, die wir uns im Folgenden – wie gewünscht – näher anschauen wollen…

“See inside” und Bibliotheken

In den USA (und generell in den meisten angelsächsischen Ländern) sind viele Bibliotheken bereits auf StreetView online. Der einfachste Weg, teilnehmende Einrichtungen im Netz aufzuspüren, besteht in der Suche über das Google+-Netzwerk, das mittlerweile die Funktion des ursprünglichen Branchenverzeichnisses Google Places übernommen hat. Das entsprechende Keyword der Suche lautet “see inside”, so dass wir auf eine Suchformel wie wie diese hier) kommen.

Auch nach langer Suche konnten wir in Deutschland lediglich drei Einrichtungen ausfindig machen, die für StreetView ihre Pforten geöffnet haben: die Stadtteilbibliothek Uellendahl, die Zentralbibliothek Wuppertal sowie die wirklich putzige Bibliothek Gelenau. Das könnten noch mehr werden…

Steigende Besuchsbereitschaft

Google wirbt massiv für die Teilnahme am Programm und führt dafür auch gute Gründe ins Feld: Laut einer aktuellen Studie wünschen sich 67% der befragten Nutzer mehr Brancheneinträge mit Online-Touren. In Restaurants und Hotels sei zudem die Besuchsbereitschaft doppelt so hoch, wenn sich Gäste zuvor online ein Bild von der Location machen konnten.

Bei Bibliotheken könnte Ähnliches gelten. Sicher, man kann sich auf der eigenen Website in Wort und Bild präsentieren, von einer “riesigen Sammlung”, einem “modernen Interieur”, “entspannter Atmosphäre” und der “besten Lernumgebung” sprechen. Oder man kann einfach die Nutzer durch genau dieses Setting virtuell schlendern lassen und Transparenz unmittelbar erfahrbar machen. Vor allem Einrichtungen, die lokale Aufgaben wahrnehmen, eine enge Bindung mit dem Publikum suchen und den Kreis der Laufkundschaft erweitern möchten, könnten davon profitieren.

Wie man seine Bibliothek professionell auf StreetView bringt

Der Weg zur eigenen virtuellen StreetView-Dependance ist gar nicht so steinig, wie man annehmen könnte. Zunächst einmal hat Google ein ureigenes Interesse daran, so viele Einrichtungen und Geschäfte wie möglich in 360 Grad online abzubilden. Bei “besonderen” Locations, wie wichtige Museen, Universitäten oder Sehenswürdigkeiten, erklärt sich Google tatsächlich unter Umständen bereit, die Umsetzung des Vorhabens auf eigene Kosten zu übernehmen – eine Bewerbung ist in jedem Fall ratsam.

daten-streetview

Bei allen anderen Einrichtungen kommt jedoch das eingangs bereits erwähnte Budget ins Spiel. Google selbst macht sich bei Innenaufnahmen von den meist kommerziell operierenden Ladenlokalen schon lange die Hände nicht mehr schmutzig, sondern überträgt diese Aufgabe auf zertifizierte Fotografen und Agenturen, die vom Konzept, über das Shooting, bis hin zur Veröffentlichung der Bilder den gesamten Auftrag autark abwickeln. Zudem sind sie Ansprechpartner in Fragen der Bilderfreigabe und des Datenschutzes (mehr dazu an dieser Stelle).

Die Kosten – man ahnt es schon – variieren je nach Größe der Location, so dass sich hier schlecht eine Pauschalsumme anführen lässt. In Deutschland gibt es, kreuz und quer über die Republik verteilt, rund 300 dieser Fotografen, die sich über eine offizielle Liste recherchieren lassen.

Indoor-Ansicht für Einsteiger

Abseits der professionellen Lösungen gibt es auch eine kostengünstige Alternative: man macht’s eben selbst – zumindest etwas Ähnliches, denn die Sache hat einen Haken. Das Besondere bei den Indoor-Ansichten von StreetView sind nicht nur die 360°-Panoramen, sondern die Tatsache, dass man in den Bilderwelten navigieren und herumlaufen kann. Auf dieses Feature müssen Bastler leider verzichten.

Dafür benötigt man aber auch nur zwei Dinge: Ein Smartphone mit halbwegs gescheiter Kamera sowie eine dazugehörige App, die es je nach Anspruch kostenlos oder für einige Euro gibt. Google selbst bietet seit September eine Neuauflage der StreetView-App an, mit der sich Rundumbilder machen lassen, die dann zum Beispiel den Maps-Einträgen von Einrichtungen hinzugefügt werden können. Ein schneller Selbstversuch auf dem Dach zeigt: Die Anwendung hat Potential, das Ergebnis hängt aber zu großen Teilen von gutem Licht und einer ruhigen Hand ab. Andere geeignete Apps sind 360Panorama (iOS) oder Panorama 360: The Big Picture (Android).

Man sieht, dass im Vergleich zum Google StreetView-Ergebnis die Auflösung einige Federn lassen musste – offenbar auch, weil die Datenmenge automatisch für den Mobilupload optimiert wird.

Indoor-Ansicht für Einsteiger
Wer über ein etwas größeres Budget verfügt, kann noch einen Schritt über den Quick’n’Dirty-Status hinausgehen. Eine gute Digitalkamera, ein Stativ sowie eine auf dem Rechner installierte Software sind hierfür Grundvoraussetzung. Noch besser (vor allem für Innenaufnahmen) ist ein zusätzlicher Panoramaaufsatz, der zwischen Kamera und Stativende gesteckt wird und es erlaubt, die Kamera um die Linse herum zu drehen, um auf diese Weise Objektverschiebungen in den Bildern (Parallax) zu minimieren. Ist alles bereit, werden rundum Fotos geschossen, wobei darauf geachtet werden sollte, dass sich die Aufnahmen jeweils zu rund 25% überlappen.

screenshot-photoshop

Die Weiterverarbeitung geschieht dann wahlweise über Photoshop oder Photoshop Elements (Leitfaden) oder ein Programm wie PTGui, das sich für rund 80 Euro herunterladen lässt und auch gut für Anfänger geeignet ist.

Das wäre geschafft! Stellt sich nur die Frage, wie sich die Bilder nun im Netz zum Leben erwecken lassen. Dazu benötigt man nämlich wiederum spezielle Plugins, die in der Lage sind, sphärische Panoramen für die Nutzer kopfschmerzfrei darzustellen. Hier gibt es eine ganze Reihe kostenloser Lösungen, etwa Pannellum, Leanorama oder den VR5 Pano Viewer, die allesamt auf HTML5 basieren und damit auch problemlos für das mobile Betrachten geeignet sind.

Spickzettel für Hobbyfotografen

Und nun abschließend noch ein paar Tipps, damit das eigene 360°-Panorama auch tatsächlich bestens gelingt:

  1. Je gleichmäßiger die Ausleuchtung ist (vor allem in Innenräumen), desto besser wird das Ergebnis.
  2. Ein Stativ ist in jedem Fall ratsam: Auch für Smartphones gibt es seit einigen Jahren passende Aufsätze.
  3. Machen Sie die Aufnahmen am besten dann, wenn die Besucher die Einrichtung verlassen haben (früh morgens oder am Wochenende) – dann gibt es auch keine Probleme mit dem Datenschutz.
  4. Schalten Sie bei der (Smartphone-)Kamera etwaige Gegenlicht- oder Weißabgleichfunktionen aus, damit das Gesamtbild nicht fleckig wird.
  5. Speichern Sie Bilder immer in der höchstmöglichen Auflösung. Komprimieren kann man später immer noch.
  6. Entscheiden Sie sich für einen Viewer, der unabhängig von proprietärer Software (z.B. Adobe Flash) funktioniert.
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