Wie die Digitalisierung Geschäftsmodelle transformiert: „Revolution“ am Beispiel der Bankenbranche

Früher hatten wir unsere Hausbank, eine EC-Karte, vielleicht noch eine Kreditkarte. Wenn wir Geld brauchten, gingen wir zum Geldautomaten. Benötigten wir einen größeren Kredit, haben wir ein paar Banken nach ihren Konditionen gefragt. Heute haben diese Optionen immer noch – und unzählige weitere Anbieter, die uns innovative Finanzlösungen versprechen.

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Neue Anbieter greifen Banken von allen Seiten an

Digitale Banken bzw. Front-Ends von Banken (Fidor.de, Number26.de, Avuba.de), Finanzmanagement-Anwendungen (Finanzblick.de, Figo.me), Online-Bezahlsysteme (Paypal) und neue Währungen (Bitcoin) wollen die Art und Weise, wie wir Finanzgeschäfte tätigen, revolutionieren. Micropayment-Anbieter ermöglichen bargeldloses Bezahlen kleiner Beträge per NFC (Near Field Communication). In den USA ist etwa das mobile Bezahlen per ApplePay mit dem iPhone oder mit der Apple Watch möglich. Auch wenn wir Bargeld bevorzugen, müssen wir den Geldautomaten nicht mehr zwangsläufig aufsuchen. Denn Geld abheben können wir auch an der Supermarktkasse.

Möchten wir einen Kredit aufnehmen, Geld investieren, spenden oder verleihen, so sind wir dazu ebenfalls nicht mehr auf Banken angewiesen. Über Crowdfunding-Plattformen ist es möglich, von anderen Internet-Nutzern Geld zu bekommen (Beispiele sind Indiegogo, Kickstarter, StartNext). Plattformen wie Seedmatch.de erlauben die Investition in Start-Ups oder andere Firmen. Kredite können über smava.de suche oder Lendico.de vermittelt werden. Passend zum „Long Tail“ wird es so auch in Nischen einfacher, eine Finanzierung zu bekommen.

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Zwischenstufen entfallen oder wandeln sich

Banken haben damit ihre exklusive Stellung beim Zugang zu Geld verloren. Von verschiedenen Seiten wird so ziemlich jedes ihrer Geschäftsfelder von neuen Anbietern angegriffen. Es zeigt sich eine neue Pluralität der Optionen: ein Nebeneinander von klassischen und neuen Vertriebskanälen und eine Vielzahl an Akteuren, die mitmischt. Start-Ups, Internet-Konzerne und Individuen machen den „klassischen“ Banken Konkurrenz.

Ähnlich wie eBay und andere den klassischen Flohmarkt auf eine neue Ebene gehoben haben und wie Amazon das klassische Kaufhaus bedroht, so geschieht dies hier mit den Intermediären in der Finanzbranche. Was Crowdfunding für die Finanzbranche ist, das ist Airbnb für die Hotelbranche oder ist Uber für das Taxi-Gewerbe.

Die Finanzbranche veranschaulicht damit das Wegbrechen alter und Entstehen neuer Geschäftsmodelle und Absatzkanäle angesichts der Digitalen Transformation. Klassische Intermediäre, “Makler”, “Mittelsmänner” werden zum Teil überflüssig, weil Transaktionskosten sinken, weil Menschen sich direkt untereinander zu helfen wissen, oder von neuartigen Intermediären ersetzt werden, die „online“ mit der „Muttermilch“ verinnerlicht haben und das Internet nicht „nur“ als zusätzlichen Absatzkanal betrachten. Die Gefahr durch neue Wettbewerber ist für Banken und andere alteingesessene Branchen auch daher groß, handelt es sich doch meistens um Branchen, die sich durch Risikoaversion auszeichnen und die keine ausgeprägte Innovationskultur aufweisen.

Gibt es ein Pfand, mit dem klassische Anbieter wuchern können? Möglicherweise genießen sie aufgrund eines zuverlässigen, seriösen Images einen Vertrauensvorschuss bei Kundinnen und Kunden, den rein virtuelle Anbieter nicht so leicht wettmachen können. Möglicherweise haben sie auch noch ein wenig Zeit, bis sie eine Antwort gefunden haben müssen.

Denn noch haben sich die vielen neuen Optionen nicht in der Breite im Markt durchsetzen können. Viele werden nur zögerlich angenommen, zumindest in Deutschland, wie sich am Beispiel der Bezahlverfahren zeigen lässt. Mit Abstand Marktführer ist dabei immer noch das Bargeld, gefolgt von der EC-Karte und der Überweisung. Jedoch gibt es Unterschiede, je nach Bezahlsituation. Während Paypal sich beim Online-Shopping etabliert hat, sind laut einer Studie der Bundesbank innovative, kontaktlose Bezahlverfahren per Karte oder Smartphone über 40% der Befragten unbekannt und werden nur von einer kleinen Minderheit von Early Adoptors eingesetzt. Auch wenn sich im Voraus nicht genau abschätzen lässt, wann sich ein Trend durchsetzt – oder ob möglicherweise sogar eine Gegenbewegung einsetzt –, Grund zur Entwarnung für Banken bieten diese Zahlen nicht.

Analogien für Bibliotheken, den „Zwischenhändler“ der Information?

Dass die schwindende Bedeutung von klassischen „Zwischenhändlern“ nicht vor Bibliotheken halt macht, wissen wir spätestens, seit Google ihnen die Vermittlungsfunktion zwischen Informationen und Informationssuchenden streitig macht. Eine ganze Reihe heutiger Online-Angebote stellt diese Funktion zumindest teilweise in Frage. Als Anbieter mit einer langen Tradition besteht auch bei Bibliotheken die Gefahr, dass sie zu lange an überholten Geschäftsmodellen festhalten und Innovationen ihnen nicht immer leicht fallen.

Bibliotheken werden die Digitale Transformation kaum aufhalten können, wohl aber können sie daran mitarbeiten, sie sinnvoll zu gestalten. Sie sollten daher Trends, die mit ihr einhergehen, im Auge behalten: Wie ändern sich die Anforderungen von Kundinnen und Kunden? Wie können Bibliotheken davon profitieren, dass aus Konsumenten Prosumenten werden? Wie ändern sich Berufsbilder und welche Qualifikationen werden in Zukunft benötigt? Welche Rolle könnte der Ersatz menschlicher Arbeitskraft durch Computer (und Roboter) spielen? Wie können Bibliotheken diese Themen proaktiv gestalten, zum Wohle ihrer Kundinnen und Kunden und zu ihrem eigenen Wohle?

Autorin: Birgit Fingerle (ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft; Soziale Medien, Stabsstelle Innovationsmanagement)

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Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem "Open Economics Guide". (Porträt: Copyright

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