Die #emtacl15 in Trondheim: Spielerischer Umgang mit neuen Technologien in Bibliotheken
Vielfältige Anregungen für potentielle Einsatzgebiete neuer Technologien in Bibliotheken bot die Konferenz emtacl15 vom 20.-22.04.2015 in Trondheim. Gleichzeitig ging es um das untrennbar damit verbundene Thema, wie Bibliotheken ihren Umgang mit neuen Technologien gestalten könnten. Dr. Tamara Pianos war für ZBW MediaTalk vor Ort.
Die emtacl15 “emerging technologies in academic libraries” fand vom 20.-22. April 2015 zum dritten Mal im norwegischen Trondheim statt. Ihr Motto könnte auch lauten: „Freut euch an der neuen Technik und gestaltet die Zukunft mit Freude an Veränderung.“ Die Konferenz wird in unregelmäßigen Abständen von der renommierten Technischen Universität von Trondheim (NTNU), die unter anderem die Nobelpreisträger für Medizin 2014 hervorbrachte, organisiert.
Bei der Veranstaltung trifft sich ein internationales Publikum. Die meisten der rund 130 Besucherinnen und Besucher kommen nicht ganz überraschend aus Skandinavien. Die großen Themen in diesem Jahr waren neben rapiden Veränderungen und dem agilen Umgang mit selbigen die Begeisterung über Gimmicks und Gadgets, sowie die Möglichkeiten neuer Technologien.
Konferenz-Doodler…
Ein Highlight war der Konferenz-Doodler Patrick Hochstenbach, der vor allem die Inhalte der Keynote-Vorträge prägnant graphisch zusammenfasste.
Selbstbildnis des Doodlers beim Frühstück im Konferenzhotel
…und „Management Guru”
Bei der emtacl treten immer wieder bekannte Personen auf, die mit Bibliotheken allenfalls am Rande zu tun haben und so für neue Impulse sorgen.
Ein Konferenzbesucher sagte mir, dass seine persönliche Leseliste nach den ersten Keynotes um einige Werke gewachsen sei: Beim Warten auf den Rückflug sah man ihn bereits in einem E-Book von Peter Morville lesen.
“Management Guru“ Jurgen Appelo sorgte mit „Manage Yourself“ und Hinweisen zu “How to Change the World” für Begeisterung. Sein neuestes Buch “Management 3.0 Workout” ist gerade erschienen.
Abby Covert versuchte mit „How to Make Sense of Any Mess“ eine Anleitung zum Umgang mit scheinbar unüberschaubarer Komplexität zu geben.
Technische Spielereien, spielerisches Lernen und potentielle Einsatzgebiete in Bibliotheken
Bei dieser Konferenz trifft sich ein überwiegend Technik-begeistertes und Veränderungen huldigendes Publikum. Wer nicht zu den ganz frühen „early adopters“ neuer Technik gehört, kann hier erfahren welches Technikspielzeug gerade angesagt ist – teilweise mit konkreten Vorstellungen zu Einsatzgebieten in Universitäten und Bibliotheken. Datenschutzbedenken sollte man dabei lieber ausklammern, sonst kann man manche neuen Möglichkeiten nicht mehr unvoreingenommen feiern:
Virtuelle Bibliotheksführungen mit eingebauten Fragen mit Google-Cardboard und Android Phones zählen ebenso dazu wie Anwesenheitslisten mit Pokens und aktualisierte Hinweise – beispielsweise im Krankheitsfall – mit reprogrammierbaren QR-Codes.
Alf Inge Wang zeigte den Anwesenden in einem Live-Experiment wie unterhaltsam spielerisches Lernen sein kann und bewarb damit auch Kahoot als Softwarelösung für das Lernen in Bibliotheken.
Eine Sammlung von Gimmicks und Gadgets hat Adam Blackwood zusammengestellt.
Wenn man Datenschutzbedenken ausblendet, kann man sich dem Tweet von Guus van den Brekel nur anschließen: „I want them all“.
Bibliophile 2.0
Andrew Prescott ist vermutlich alt genug, um der Vater der meisten anderen (eher jungen) Keynote-Speaker sein zu können. Seine ersten Bilder schienen dann auch zu diesem Eindruck zu passen. Er zeigte alte Schriftrollen und kunstvoll verzierte Bücher und beschrieb, dass sich die Materialität dieser Bücher nicht gut ins digitale Zeitalter übertragen lasse.
Dann allerdings nutzte er die „YourFry Challenge“ von Schauspieler/Comedian Stephen Fry, um zu zeigen, welche unglaublichen Dinge sich heutzutage mit neuen Erfindungen wie Conductive Ink an der Schnittstelle von digitaler und analoger Welt erdenken lassen. Konsequent verwies er noch auf aestheticodes, die ästhetische Alternative zu QR-Codes.
Individuelle Erfahrungen und neue Produkte
In einer Reihe von Vorträgen wurden die Erfahrungen einzelner Bibliotheken in ganz speziellen Bereichen präsentiert, wie beispielsweise der Umgang mit linguistischen Forschungsdaten an der Universität von Tromso.
Außerdem habe ich das EU-Projekt EEXCESS vorgestellt und gezeigt, wie die bereits einsatzfähigen Prototypen funktionieren. Im Rahmen des Projektes sollen Inhalte direkt in die Arbeitsumgebungen der Recherchierenden geliefert werden.
In vielen Fällen kosten besonders Sponsorenpräsentationen Zeit, die man anders besser investieren könnte. Dies gilt nicht für Matt Borg und seine sehr kurzweilige Präsentation zur Farbe der Zukunft, bei der wirklich nur ganz am Rande auf ProQuest/Summon eingegangen wurde. Der Fokus des Vortrags lag bei der Frage, was Firmen beim Erahnen von Nutzerbedürfnissen bei neuen Produkten richtig oder falsch machen können. Motorola hat nach dieser Theorie das erste aufklappbare Handy falsch gebaut, da es vom Star Trek-Vorbild entscheidend abwich.
Invenio 2.0 der norwegischen Firma TIND, einem CERN Spinoff-Unternehmen, verspricht gute und dauerhafte Lösungen für viele Probleme rund um die Bibliothek 2.0. Es steht als Open Source zur Verfügung, mit der Option Support oder Anpassungen zu kaufen.
Zum Umgang mit Veränderungen: Einfluss der Technik auf die Organisation
In seinem Vortrag trieb Daniel Forsman, Direktor der Chalmers Bibliothek in Schweden, den Ansatz von Technik in Bibliotheken auf die Spitze. Bei der Reorganisation der Bibliotheksstruktur hatte man sich konsequent von agilem Softwaremanagement inspirieren lassen: „Werkzeuge werden von den Personen, die ein Problem lösen sollen ausgewählt, sie besprechen sich untereinander mit anderen Beteiligten, alles ist sehr transparent.“ Aufgabe des Managements sei es, Hürden zu beseitigen, aber nicht zu sagen, was wie gemacht werden soll. Momentan sei die Belegschaft so enthusiastisch, dass alle sich zu viel vornehmen und die Aufgabe des Managements in der Fokussierung auf einzelne Schwerpunkte liege.
Bibliothekszukunft gestalten: Horizon Report
In einem Workshop von Larry Johnson und Rudolf Mumenthaler hatten alle Anwesenden die Möglichkeit, ihre Ideen und Wünsche in den nächsten Horizon Report for Libraries. Somit wurden weitere Weichen für zukünftige Bibliotheksinnovationen gestellt.
Dokumentation der Konferenz
Die Organisatorinnen und Organisatoren nutzten die Bandbreite neuer Medien für die Präsentation der Ergebnisse der Konferenz beispielsweise durch Visualisierungen der Konferenz-Tweets. Zusätzlich zu den Präsentationen der Konferenz gibt es auch die Videomitschnitte.
→ Autorin: Dr. Tamara Pianos (ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft; Leitung Informationsvermittlung)
§ Doodles: Flickr – Patrick Hochstenbach (CC BY-SA 2.0)
all Fotos: Flickr Nils Kristian Eikeland (CC BY-SA 2.0)
except: Reception Dragvoll, Flickr Guus van den Brekel (CC BY-SA 2.0)
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