Generation Y am Arbeitsplatz Bibliothek – herzlich willkommen! Teil II: Wie Bibliotheken im „War for talents“ punkten können
Demographischer Wandel und der „War for Talents“ werden auch vor den Toren von Bibliotheken nicht Halt machen – im IT-Bereich ist dies schon seit Jahren zu spüren. Mit zunehmend verbesserter Arbeitsmarktlage werden sich in den nächsten Jahren immer mehr Bewerberinnen und Bewerber für einen Arbeitsplatz Ihrer Wahl entscheiden können. Wie können sich Bibliotheken auf die Bedürfnisse der Generation Y einstellen?
Wo würden Sie sich lieber bewerben?
Botschaft von Stellenanzeige 1: „Wir sind eine tolle Einrichtung, das sind unsere Erwartungen an Sie, Bewerbungen sind zu richten an…“
Botschaft von Stellenanzeige 2: „Wir wollen Sie. Wir fördern Sie. Bei uns können Sie Karriere machen. Sie sind willkommen in unserem Team.“
Fühlen auch Sie sich stärker von Stellenanzeige 2 angesprochen? Sie klingt nach Partnerschaft, Wertschätzung und beruflichen Entwicklungsaussichten. Könnte ein Mentalitätswechsel in diese Richtung für Bibliotheken angesagt sein, um der Generation Y die Bewerbung künftig schmackhafter zu machen?
Generation Y als Zielgruppe
Viele Unternehmen haben sich schon darauf eingestellt, die Millennials als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu umwerben. Anstelle nüchterner Stellenanzeigen offerieren sie zunehmend Karriereportale, Online-Bewerbungsverfahren, Präsenz auf Social Media Plattformen (z.B. Xing, Facebook, YouTube), Mobile Recruiting und Events, die speziell auf die Generation Y zugeschnitten sind. Dass der Öffentliche Dienst mithalten kann, zeigt die Stadt Hamburg, die mit ihrem Karriereportal in der Branche Öffentlicher Dienst auf Platz 1 im Wettbewerb „Best Recruiters Deutschland 2014/15“ (Best Recruiters Deutschland 2014/15) landete.
Ein gewichtiger Trend im Personalmanagement ist das Employer Branding. Mit einer Arbeitgebermarke soll das Unternehmen bzw. die Organisation als glaubhafter und attraktiver Arbeitgeber positioniert werden. Beispiele für einen Employer Brand sind:
„Do cool things, that matter” (Google)
„Your future made with IBM” (IBM)
„Leidenschaft teilen. Das Beste entsteht aus Begeisterung“ (BMW)
Was Arbeitgeber für Millennials anziehend macht
Viele Kriterien, die einen Arbeitgeber attraktiv machen, treffen auf alle Generationen zu. Der Unterschied liegt darin, dass die Generation Y nicht lange zögern und den Arbeitsplatz wechseln wird, wenn sie dort bessere Bedingungen vorfindet.
Eine Arbeit, die Spaß macht
Ganz oben auf der Wunschliste steht der Spaß „Die junge Generation verträgt wenig Langeweile; sie erwartet, dass Arbeit Spaß macht und intellektuell fordert“ (Bath u.a., 2009, S. 72). Einige Arbeitgeber bieten daher Abwechslung an, z. B. Job-Rotation oder die Möglichkeit zur Mitwirkung bei Projekten, um Personal zu halten.
Ein sicherer Arbeitsplatz
Auch Sicherheit steht bei Generation Y sehr hoch im Kurs. Diesem Bedürfnis können Bibliotheken entsprechen, soweit sie unbefristete Stellen anbieten.
Work-Life-Balance
Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeits- und Privatleben ist den Digital Natives sehr wichtig. Beiträge zur Work-Life-Balance, mit denen Bibliotheken oftmals bereits jetzt schon punkten können, sind z. B. flexible Arbeitszeitmodelle, Telearbeit, Chancengleichheit, Familienfreundlichkeit, Diversity Management und Gesundheitsmanagement.
Persönliche Weiterentwicklung
72% der Nexter erwarten von einem guten Führungsstil mit erster Priorität, dass die Vorgesetzten ihre Stärken fördern und bei der fachlichen Weiterentwicklung helfen (vgl. Facit, 2014). Ein entsprechendes Führungsverständnis und vielfältige Möglichkeiten zur beruflichen Fort- und Weiterbildung können ein deutlicher Pluspunkt sein.
Rund die Hälfte der großen Unternehmen führen gute Karrierechancen als Argument für sich ins Feld. Bibliotheken haben meist kein systematisches Talent- und Karrieremanagement. Insbesondere großen Bibliotheken ist dies jedoch nahezulegen, denn damit könnten sie einen gewichtigen Baustein für die Personalgewinnung und –bindung legen.
Leistung anerkennen
Lob und Anerkennung von Leistung sind natürlich für alle Beschäftigten wichtig, um die Motivation aufrecht zu erhalten. Das in Bibliotheken oft angewendete Management by objectives, das auf Zielvereinbarungen im einjährigen Rhythmus beruht, wird den Anforderungen der neuen Generation nicht mehr gerecht. Die neue Botschaft lautet: “If you want high performance out of this generation, you better commit to high maintenance management.“ (Tulgan, 2009, S.17).
Die Förderung und Gestaltung einer unmittelbaren und wertschätzenden Dialog- und Feedback-Kultur in Teams und bei Führungskräften wirkt wie ein kostbarer Edelstein in der Personalbindung. Kultur ändert sich nicht von heute auf morgen und ein konstruktiver Dialog will gelernt sein. Hier können Teamentwicklungs- und Führungskräfteseminare lohnende Investitionen für Bibliotheken darstellen.
Neue Formen der Arbeitsbeziehungen
Die Digitals sind engagiert. Spaß, Selbstvertrauen und Vernetzung sind ihre Treiber für Leistung, Kreativität und Innovation. Sie wünschen sich, dass „Vertrauen führt“ (Sprenger, 2007). Sie wollen nicht erst fünf Formulare ausfüllen und sich durch vier Hierarchiestufen durchquälen, bevor sie loslegen. Bürokratie und Regelungsdichte finden weniger Akzeptanz als in den davorliegenden Generationen.
Die organisatorischen Rahmenbedingungen in den Bibliotheken sind nicht so schnell zu verändern. Aber schon jetzt können Führungskräfte webtypische Wertemuster wie z. B. Kollaboration, freier Ideentausch, hierarchiefreie Denkmärkte, Transparenz und Autonomie unterstützen und fördern. Auch wenn sie den persönlichen Kontakt nicht ersetzen können, bieten hier insbesondere Web-2.0-Anwendungen die Möglichkeit, unbürokratische Strukturen und informelle Arbeitsbeziehungen zu gestalten.
Ethik und Integrität
„[…] die Generation Y spricht auf „Arbeitgebermarken“ an, die auf einer Kultur sozialen und umweltbewussten Handelns beruhen. Ethik und Integrität sind dieser Generation viel wert. Sie bevorzugt Firmen, die sich sozial engagieren oder ihnen die Möglichkeit geben, die Welt positiv zu verändern.“ (Bath u.a. (2009), S. 70).
Wie können Sie diesen Pluspunkt nutzbringend für Ihre Personalgewinnung einsetzen?
Was wünschen sich Studierende des Bibliotheks- und Informationsmanagements?
Unter den Studentinnen und Studenten des 1. Semesters an der HAW Hamburg, Studiengang Bibliotheks- und Informationsmanagement habe ich erfragt, was ihnen neben interessanten Aufgaben wichtig für eine Arbeitgeberauswahl wäre. Es haben sich 40 Studierende der Generation Y beteiligt – die Umfrage ist zwar nicht repräsentativ, aber zumindest richtungsweisend.
Hier ihre Prioritäten:
Sehr wichtig sind Work-Life-Balance und ein fester Arbeitsplatz.
Als wichtig werden Möglichkeiten für autonomes Arbeiten, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Bereitschaft des Arbeitgebers zu Innovationen, Gehalt, Möglichkeiten für kreatives Arbeiten, flexible Arbeitszeiten, Karrieremöglichkeiten, gute Sachgüter bzw. Dienstleistungen, moderne Technologie am Arbeitsplatz, Image des Arbeitgebers und flache Hierarchien eingestuft.
Hingegen werden Home Office und ein Job in der freien Wirtschaft als eher unwichtig eingereiht. Auffallend ist, dass dem Thema „Home Office“ mit zunehmendem Alter mehr Bedeutung eingeräumt wird.
Sind Sie bereit für die Generation Y?
Ist Ihre Bibliothek sich schon darüber bewusst, dass die Werte, Interessen und Neigungen der künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker bei der Personalgewinnung und -bindung einbezogen werden sollten?
Haben Sie schon Ideen für ein Konzept und Maßnahmen, die Sie in Ihrer Bibliothek umsetzen wollen?
Leinen los
Legen Sie los, entwickeln Sie ein zielgruppenorientiertes Personalmanagement und die Newcomer werden gerne kommen und bleiben: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen wir die zukünftigen Herausforderungen von Bibliotheken stemmen können. Willkommen, Generation Y!
Literaturtipp:
Bath, Leo J.; Lambsdorf, Magnus Graf in Focus 2009, H.1., S. 70: Werben um die Generation Y
Facit; Horizont; Consulting cum laude: Generation Y – für Pauschalurteile viel zu bunt, ©Statista 2014
Michaels, Ed., Handfield-Jones, Helen; Axelrod, Beth: The war for talent. Boston, Mass., Harvard Business School Press, 2001
Sprenger, Reinhard K. : Vertrauen führt – worauf es im Unternehmen wirklich ankommt. 3., durchges. Aufl., Frankfurt am Main, Campus, 2007
Tulgan, Bruce: Not everyone gets a trophy: how to manage Generation Y. San Francisco: Jossey-Bass., 2009
Autorin: Regine Lipka ist Diplom-Bibliothekarin und seit 1988 in der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft mit wechselnden Aufgabenschwerpunkten tätig. Seit drei Jahren ist sie Lehrbeauftragte für Dienstleistungsmanagement und Projektmanagement an der HAW Hamburg, Department Information.
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Generation Y am Arbeitsplatz Bibliothek – herzlich willkommen! Teil I: Typisch, typisch!
Sie sind etwa zwischen 1980 und 2000 geboren und werden als Generation Y bezeichnet,...