Fachreferatsarbeit: angekettet oder „unchained“?

Die Arbeit von Fachreferentinnen und Fachreferenten hat sich parallel zum Wandel in Bibliotheken verändert und ein Ende der Entwicklung ist nicht abzusehen. Wer sind die heutigen Fachreferentinnen und -referenten eigentlich? Was wird von ihnen verlangt? Welchen Aufgaben widmen sie ihre Zeit und welche Zukunftsthemen sehen sie? Die Fachreferententagung Wirtschaftswissenschaften 2014 bot Zeit für eine Bestandsaufnahme und den Austausch über Hürden und Ideen. Von engen Ketten durch vielfältige Herausforderungen im Alltag bis hin zur Freiheit, an der Gestaltung des zukünftigen Berufsbildes mitzuwirken, waren alle Nuancen zu spüren.

Unter dem Motto: Library unchained – Neue Wege im Fachreferat Wirtschaftswissenschaft fand am 25. und 26. September 2014 die Fachreferententagung in der ZBW in Hamburg statt. Dem wirtschaftswissenschaftlichen Fachreferat und seiner Zukunft war der zweite Veranstaltungstag gewidmet. Vier Vorträge brachten vier verschiedene Perspektiven auf das Thema zusammen:

Dr. Marcus Schröter, Mitglied der VDB-Kommission Fachreferatsarbeit, berichtete von seiner 2011 durchgeführten Studie zur Fachreferatsarbeit in allen wissenschaftlichen Disziplinen und wagte auf dieser Basis einen Ausblick auf die weitere Entwicklung der Fachreferatsarbeit.

Fachspezifisch wurde es, als Karin Wortmann, Abteilungsleiterin „Wissenschaftliche Dienste“ in der ZBW eine im Sommer 2014 unter Fachreferentinnen und -referenten der Wirtschaftswissenschaften durchgeführte Befragung vorstellte. Es zeigte sich eine relativ heterogene Zusammensetzung der Personen in wirtschaftswissenschaftlichen Fachreferaten, ebenso wie sehr vielfältige Aufgaben, wobei sie die meiste Zeit klassisch mit dem Bestandsmanagement verbringen.

Infografik-Fachref2014-ohneTextAus den bei der Befragung genannten Themen und Herausforderungen für die Zukunft konnten vier große Themenblöcke gebildet werden: Informationskompetenz, E-Medien-Strategie, Lernort Bibliothek und Zukunft Fachreferat. Sie bildeten die Basis für die anschließende Diskussion in vier Arbeitsgruppen. Schließlich gehörte es zu den zentralen Anliegen der Tagung, miteinander ins Gespräch zu kommen. Dabei wurden Themen wie zu wenig Zeit und Wertschätzung von anderen für die eigentliche Fachreferatsarbeit, die Überlastung durch viele neue Aufgaben ebenso angesprochen wie sinnvolle Fortbildungen, um sich für die Zukunft zu rüsten, und Kooperationsmöglichkeiten, die zu einer Entlastung beitragen könnten. Die rege Diskussion in den Arbeitsgruppen zeigte eine Vielzahl an Zwängen und Sorgen, ebenso wie Spielräumen und Ideen auf; Themen, die gut in Kooperation gelöst werden könnten.

Mit ihrem Vortrag „Fachreferat 2020“ lieferte Frau Prof. Dr. Inka Tappenbeck von der Fachhochschule Köln – Institut für Informationswissenschaft eine Vision aus der Sicht einer Ausbildungseinrichtung. Sie sprach sich für eine fachspezifische Neuausrichtung der Fachreferatsarbeit aus, die sich verstärkt auf den ganzen Forschungsprozess ausrichten sollte, gleichzeitig aber mit einer ganz anderen Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu kämpfen hat.

Die Sicht einer Bibliotheksdirektorin auf die Fachreferatsarbeit stammte von Konstanze Söllner, Direktorin Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg. Sie sah in dem wandelnden Berufsbild und der vermehrten Differenzierung von Aufgaben innerhalb der Profession ein Indiz für einen Professionalisierungsprozess. Diesen könnten angesichts der Zunahme von Managementaufgaben aus ihrer Sicht insbesondere wirtschaftswissenschaftliche Fachreferentinnen und –referenten mit einschlägigem Studium für sich nutzen.

Fazit: Es wurden viele Herausforderungen in einer offenen und angenehmen Atmosphäre angesprochen und hier und da erste Ideen für den Umgang mit ihnen entwickelt. Es bleibt noch viel zu tun, um enge Ketten abzuschütteln und das volle Zukunftspotential der Fachreferatsarbeit zu auszuschöpfen. Doch es lohnt sich, selbst die Initiative für die Weiterentwicklung des Berufsbildes zu ergreifen.


Die Präsentationsfolien der Veranstaltung sind auf Anfrage erhältlich. Bitte kontaktieren Sie dazu Herrn Bachofner. Den Kontakt finden Sie auf der Veranstaltungsseite.

Autorin: Birgit Fingerle (ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft; Soziale Medien, Stabsstelle Innovationsmanagement)

 

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Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem "Open Economics Guide". (Porträt: Copyright

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