Pilotprojekt: Multitouch-Systeme erhalten Einzug in sechs NRW-Bibliotheken

Okay, die Info flatterte per Pressemitteilung in meine Mailbox, weshalb ich mich bemühen werde, das Werbesprech so gut es geht aus dem folgenden Bericht zu filtern.

Die Darmstädter Firma data-touch hat soeben bekannt gegeben, dass eine in NRW geschlossene Kooperationsvereinbarung erste Früchte trägt. Das Unternehmen stellt zum einen Touchsysteme her, zum anderen liefert es die dafür passende Software. Im Rahmen eines Pilotprojekt wurden insgesamt sechs öffentliche Bibliotheken in Bergheim, Dormagen, Hattingen, Kamp-Lintfort, Köln und Münster mit eben diesen berührungsempfindlichen Displays ausgestattet:

Einfach per Fingerberührungen hat der Besucher Zugriff auf vielfältige Inhalte im großen Screen, zum Beispiel Veranstaltungstermine, Bildergalerien, Lagepläne, Informationen aus dem eigenen Haus, von Kooperationspartnern und auf den Social Media-Plattformen. Für Unterhaltung sorgen Spiele, außerdem bieten Umfragen und Kontaktformulare die Möglichkeit zur interaktiven Meinungsäußerung und Feedback.

Laut eigenen Angaben sind die Bibliotheken jederzeit in der Lage, die angezeigten Inhalte selbst zu bestimmen: Texte, Bilder und Filme können “ganz ohne Programmierkenntnisse” auf die Displays gebracht werden. Ich habe mich eben bei YouTube auf die Suche nach visuellen Eindrücken gemacht und bin fündig geworden:

Zweifelsohne eine nette Spielerei. Multitouch-Panels können den Kunden einen großen Mehrwert bieten – allerdings sollte ihr Einsatz auch gut geplant sein. Vor ein paar Jahren besuchte ich eine Pressekonferenz, die anlässlich der Filialeröffnung eines großen Mobilfunkers gegeben wurde: ein neuer “Flagship-Store” wurde eingeweiht. Die Marketing-Abteilung hatte sich etwas Besonderes für den Laden ausgedacht, denn ein Surface-Table von Microsoft (Kosten: rund 11.000 Euro) wurde zentral im Eingangsbereich aufgestellt: “Der bleibt hier stehen”, jubelte der Werbe-Mann des Mobilfunkers. “Die Kunden mögen das Interaktive!” Multitouch mache jeden neugierig und so sei dies eine “neue Möglichkeit am Point of Sale”. Uns Journalisten wurde eine beeindruckende Demo gegeben, jeder von uns könne selbst einmal Hand anlegen, so wie es später auch den Kunden gestattet sei.

Ein, zwei Wochen später besuchte ich die Filiale erneut; der Laden wies bereits ordentlich Laufkundschaft auf. Der Multitouch-Tisch war nun jedoch nicht mehr frei zugänglich, sondern durfte plötzlich nur noch im Beisein eines Team-Mitarbeiters benutzt werden. Einen Monat später lag ein Schild mit der Aufschrift “Defekt!” auf der schwarzen Oberfläche. Wiederum einen weiteren Monat später war das Gerät aus dem sichtbaren Bereich des Ladens verschwunden.

Diesen Hinweis nur für den Hinterkopf: Informationszentren können von Multitouch-Panels sehr gut profitieren, denn sie fördern eben Interaktivität und Engagement. Oft ist es heute aber noch so, dass beim Kunden nicht die abrufbaren Informationen, sondern das Spiel im Vordergrund steht. Wer sich also mit dem Gedanken trägt, im eigenen Haus auf öffentliche Touchdisplays zu setzen, sollte sich vielleicht vorher einige Fragen stellen, etwa:

  • Welche Informationen will ich anbieten?
  • Warum eignet sich genau dafür ein Touchdisplay?
  • Wer darf die Geräte bedienen?
  • Wer ist für die Wartung zuständig?
  • Gibt es Auffang-Systeme im Falle eines Ausfalls?

Vielleicht noch ein Wort zu den Kosten: Laut data-touch kostet die 3-Tages-Miete eines 42 Zoll großen MultitouchTable (inklusive LCD/Full-HD und PC) derzeit satte 950 Euro. Wer das Bundle (inklusive der Baukasten-Software TouchApp fünf Präsentations-Modulen) kaufen möchte, ist mit rund 2.500 Euro dabei.

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