Warum ein "Wir sind auch auf Facebook" nicht ausreicht

Das vierte BibCamp war auf ganzer Linie ein voller Erfolg – mit dem größten Interesse habe ich aber eine Session verfolgt. Thema: Was machen Bibliotheken auf Facebook? Eine abschließende Antwort konnte auch nach Ablauf der Stunde nicht gefunden werden, tatsächlich gab es den eher groben Konsens, dass eine Präsenz in sozialen Netzwerken dazu dient:

1. Allgemeine Werbung zu betreiben und damit das Image einer Bibliothek oder eines Informationszentrums zu verbessern.

2. Ein neues Instrument der Informationsdistribution in Richtung Kunden an der Hand zu haben.

Man könnte noch als dritten Punkt hinzufügen, dass Bibliotheken und Informationszentren durch den direkten Austausch von den Kunden ungemein viel lernen können: Was bewegt sie? Was wünschen sie? Was können wir besser machen? Dementsprechend lässt sich dann reagieren.

Verlage mit Online-Angeboten profitieren von Facebook als bedeutenden Traffic-Lieferanten, nach RSS und SEO-Maßnahmen stellt das Social Web einen dezentralen Verteiler dar, der sich durch Empfehlungen schnell vergrößern kann. Bibliotheken und Informationszentren profitieren jedoch nicht durch steigende Besucherzahlen auf ihren Websites. Am Ende des Tages zählt nur die direkte Nutzung der Dienste (Ausleihe, Nutzung der Kataloge und Fachportale) als Erfolg. Deshalb ist es zwar richtig, dass immer mehr Bibliotheken ins Social Web strömen, jedoch wäre es fahrlässig, hier schon den Schlussstrich zu ziehen.

Facebook ist ein Besuchermagnet und darüber hinaus: dies ist der Ort, an dem immer häufiger Menschen ihre tägliche Zeit verbringen. In den USA verweilen Nutzer hier sogar länger als bei Google und den angeschlossenen Diensten (Maps, Gmail etc.). Hierzulande sind heute über 15 Millionen Bundesbürger bei Facebook angemeldet, 2009 waren es gerade einmal 3,5 Millionen.

Anstatt alte und neue Kunden über die Plattform nur zu unterhalten, sollte es das Ziel sein, die eigenen Dienste direkt an den Ort zu bringen, wo sie sich aufhalten. Die Wirtschaft hat diesen Trend längst erkannt und integrieren ihre Shops direkt in Facebook: Vom Stöbern im Katalog, bis zur Bestellung und Bezahlung wird die komplette E-Commerce-Kette einfach im Netzwerk abgewickelt (hier gibt es eine Liste ausgewählter Facebook-Shops).

Bibliotheken und Informationszentren sollten sich Gedanken darüber machen, welche virtuellen Güter sie ihren Kunden ebenfalls direkt im Netzwerk zur Verfügung stellen können. Die Palette der Online-Services kann von der Einbindung des Suchkatalogs über das Management des Kundenkontos bis hin zum Direktangebot von Volltexten reichen. Die ZBW hat bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen, heute können Kunden über die Facebook-Seite ihre Suchen im Fachportal EconBiz oder im digitalen Archiv EconStor starten. Außerdem lässt sich problemlos das Recherche-Team von EconDesk erreichen, das schnell und kostenlos wirtschaftswissenschaftlich relevante Informationen heraussucht.

Diesen Blogpost teilen:
Linked Open Data: HBZ bringt deutsche Bibliotheken auf die Karte Interview mit dem EDsync-Macher: "Die Idee mobiler Anwendungen ist bei vielen Bibliotheken noch nicht angekommen" Senkt Amazon den Preis für den Kindle auf 0 Euro?

View Comments

Piraterie bei E-Books: Wissenschaftliche Literatur begehrt wie nie
Nächster Blogpost