Augmented Reality: Vier Anwendungsbeispiele für Bibliotheken

Waren Sie schon einmal in einem Lego-Laden? Nein? Dann wird es aber höchste Zeit. Der stationäre Handel bedient sich gerne dieser Technologie, sei es bei Bauklötzchen oder beim Kleiderkauf. Augmented Reality steht für Erweiterte Realität und sie verdankt ihre Entstehung vor allem den neuen Smartphones, die mit Kamera und GPS ausgestattet sind. Speziell entwickelte Anwendungen legen in Echtzeit eine künstliche Folie über unsere Welt, die je nach Belieben mit zusätzlichen Informationen angefüllt werden kann.

Augmented Reality ist schon lange kein überreiztes Hype-Thema mehr, stattdessen wird sie (nicht zuletzt auch dank des wachsenden Interesses der Wirtschaft) von Tag zu Tag erwachsener und ist bei vielen Nutzern in der Normalität angekommen. Ich habe mich gefragt, wie Bibliotheken vom Folienblick profitieren können – vielleicht noch nicht heute, aber doch in einer nahen Zukunft. Vier Anwendungsbeispiele sind mit dabei eingefallen:

Bibliotheksführer: Der virtuelle Lesesaal

Apps wie Layar oder Wikitude finden vor allem im touristischen Metier ihre Abnehmer. Beispiel: Ich bin in einer fremden Stadt und stehe vor einer Kirche, die recht interessant aussieht, deren Namen ich aber nicht kenne. Dann reicht es vollkommen aus, die iPhone-Linse auf das Gebäude zu richten und schon bekomme ich nicht nur den Namen der Kirche genannt, sondern kann auf Wunsch per Wikipedia-Eintrag auch ihre Geschichte bis ins Mittelalter verfolgen.

Was spricht dagegen, ähnliche Apps für Bibliotheken zu entwickeln? Das Anwendungsgebiet kann Campus-weit oder auf den Lesesaal beschränkt sein: Wo befindet sich die Institutsbibliothek der Biologie? Wo stehen die Monografien, wo ist die Ausleihe und wo haben die hier die Toiletten? Augmented Reality könnte als stets verfügbarer Guide einspringen:

Lebendige Bücher: Mehrwert durch die dritte Dimension

Der wohl populärste Anwendungsbereich für Augmented Reality liegt in der Produktion sogenannter “Lebendiger Bücher”. Das interessierte Blättern in Printwerken ist die eine Sache, doch wenn diese plötzlich zum Leben erwachen, spielt eine ganz neue Komponente in das Leseerlebnis hinein. Derzeit wird viel in der Kinder- und Jugendliteratur experimentiert, doch auch Fachbücher rücken immer weiter in den Fokus der Entwickler. Warum? Nun, durch Augmented Reality lässt sich der Zweidimensionalität der Buchseiten ein echter Mehrwert zur Seite stellen – und zwar auch im wissenschaftlichen Bereich:

Echtzeitübersetzung: World Lens

Es klingt derb nach Science-Fiction, die dazugehörige Anwendung ist allerdings schon seit einigen Wochen im Apple App Store zu haben: Word Lens. Ich hatte sie seinerseits ausprobiert und nicht schlecht über die Zuverlässigkeit der Software gestaunt. Die App erlaubt visuelle Echtzeitübersetzungen, indem die Kamera auf den Text gerichtet wird. Auf der Straße, wo wir hauptsächlich kontrastreich gestalteten Schildern begegnen, funktioniert World Lens einwandfrei – bei längeren Fließtexten kann es allerdings noch zum Ruckeln kommen. Doch genau hier könnten künftig Anwendungsmöglichkeiten liegen: Was spricht dagegen, einen Translation-Desk im Lesesaal aufzustellen, bei dem Kunden die Möglichkeit haben, Bücher im Bereich der Kamera aufzuschlagen und am Monitor bequem den übersetzten Text zu lesen?

Automatische Inventur: Shelf Reading-App

Ganz frisch und noch nicht für die Öffentlichkeit verfügbar ist eine neue Inventur-Lösung der Universität Miami. Der Informatikprofessor Professor Bo Brinkman hat sich dort Gedanken darüber gemacht, wie sich Regale wieder in die richtige Ordnung bringen lassen. Dazu wurde eine Android-App entwickelt, die per Augmented Reality die Signaturetiketten auf den Bücherrücken scannt und gleichzeitig Auskunft darüber gibt, welches Buch nicht an seinem korrekten Platz steht. Während dies geschieht, erstellt die App zudem komplette Listen aller erfassten Bücher – quasi eine Inventur im Vorbeigehen. Das Schöne daran ist, dass hier kein aufwändiges Equipment nötig ist: Brinkman selbst benutzt ein Samsungs Galaxy-Tablet – tatsächlich dürfte die App aber mit jedem simplen Android-Smartphone kompatibel sein.

Gehen wir einen Schritt weiter, können Bibliotheken wiederum ihren Kunden einen Mehrwert bieten, indem über die App zu jedem Buch (etwa per QR-Codes) weitere Informationen abgerufen werden können: Wie lange darf ich es ausleihen? Wie bewerten vorherige Leser den Wert und welche Texte hat der Autor noch verfasst? Die Information wird ohne Umwege dort zu Verfügung gestellt, wo sie gebraucht wird.

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