Wissenschaft auf YouTube: Ein Beitrag zur Offenheit?

YouTube ist längst zu einem Alltagsmedium geworden. So nutzten in Deutschland Ende 2015, 87 Prozent der 16- bis 29-Jährigen und 70 Prozent der 30– bis 44-Jährigen das Videoportal. Gerade bei Jüngeren sind YouTube-Stars oft populärer als TV-Stars. Wissenschaftliche Themen erreichen auf YouTube zum Teil ein Millionenpublikum, insbesondere wenn die Videos ansprechend gestaltet beziehungsweise die Themen populärwissenschaftlich aufbereitet sind. Englischsprachige Videos erreichen dabei in der Regel ein deutlich größeres Publikum als beispielsweise deutschsprachige.

Der Upload von wissenschaftsbezogenen Videos und die Pflege von YouTube-Kanälen kann auch als Beitrag zur Öffnung der Wissenschaft angesehen werden, denn unter anderem werden damit auch Personen außerhalb des Wissenschaftsbetriebs erreicht.

Hier eine Auswahl beliebter YouTube-Kanäle zu Wissenschaftsthemen.

Erklärvideos und populärwissenschaftliche Inhalte stoßen auf Resonanz

Bei Kurzgesagt – In a Nutshell wird ein Video pro Monat veröffentlicht, in dem ein wissenschaftliches Thema anschaulich dargestellt wird, etwa über schwarze Löcher oder Fracking. Qualität wird hier höher bewertet als Quantität. Mehr als 3,5 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten hat der Kanal. Am populärsten mit mehr als 10 Millionen Aufrufen bislang ist dabei wohl ein Video über die europäische Flüchtlingskrise.

Einen “Science Love Song” als Kanal-Intro hat AsapSCIENCE mit über sechs Millionen Abonnements ausgewählt.

Mehr als 11 Millionen Abonnements haben der Kanal Vsauce und SciShow fast vier Millionen Abonnements mit ihren populärwissenschaftlichen Themen.

It’s Okay To Be Smart hat mehr als eine Millionen Abonnentinnen und Abonnenten und beantwortet mit seinen Videos Fragestellungen zu verschiedensten wissenschaftlichen Themenbereichen. Wie bei vielen der Wissenschaftskanäle schwingt auch hier die Faszination an der Welt, in der wir leben, mit und die Freude daran, neue Dinge herauszufinden.

Der New Scientist hat einen Kanal auf dem mehrere Videos pro Woche veröffentlicht werden, überwiegend zu aktuellen Themen, und zudem einen zusätzlichen Kanal mit wöchentlich erscheinenden animierten Erklärvideos, namens Explanimator.

Minutephysics mit mehr als drei Millionen Abonnentinnen und Abonnenten und seine Schwesterkanäle wie MinuteEarth, mit mehr als 1 Millionen Abonnements, bieten kurze animierte Erklärvideos zu ihrem Themengebiet an. In deutscher Sprache erläutern 100SekundenPhysik in ungefähr dreiminütigen, animierten Videos Wissenschaftsthemen, etwa Gravitationswellen oder die Theorie der Unordnung.

Auch der Science Channel präsentiert Wissenschaft bei YouTube unterhaltsam und bietet für ein immersives Erlebnis zudem 360° Grad Videos an.


Forschungsorganisationen zeigen Forschungsarbeit, Expertengespräche oder Science Cartoons

Viele Universitäten und Forschungsinstitute betreiben eigene YouTube-Kanäle. Das DLR – Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt stellt seine Forschungsarbeit vor. Unter dem Motto “Extreme Science with extreme Telescopes and bite-sized astronomy” steht der Kanal des European Southern Observatory (ESO). Neben aktuellen Forschungsergebnissen und Experteninterviews zeigt die École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) auf ihrem Kanal unter anderem Science Cartoons und Portraits von Studierenden. Mehr als eine Million Abonnentinnen und Abonnenten hat der Videokanal von MIT Open Course Ware.

Auch die großen deutschen Forschungsorganisationen sind vertreten. So zeigen die Leibniz-Gemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft auf ihren Kanälen ein breites Spektrum an Videos, von aufwändig produzierten Erklärvideos bis hin zu Podiumsdiskussionen, die ihr breites Themenspektrum abdecken und sehr unterschiedlich populär sind. Der YouTube-Kanal des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft bringt einmal pro Woche ein neues Video, im Allgemeinen sind dies Interviews mit Expertinnen und Experten zu Themen aus Wissenschaft, Gesellschaft, Bildung und Politik.

Einige Kanäle bei YouTube widmen sich Science Slams, allerdings oft mit geringer Reichweite. Der beliebteste Kanal, bei dem zu sehen ist, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschung innerhalb weniger Minuten einem Publikum präsentieren, scheint mit über 6.000 Abonnements Science Slam zu sein, unter anderem mit einem Video von Giulia Enders über “Darm mit Charme” mit über 900.000 Aufrufen.

Ein breites Publikum erreichen und Chancen für Open Science

Was vielen der Wissenschafts-YouTube-Kanäle offenbar gelingt: Sie verringern die Barrieren und Scheu, sich mit wissenschaftlichen Themen zu beschäftigen. Jede Person kann Kommentare zu den dargestellten Inhalten geben und, unabhängig von akademischen Weihen, eigene Videos zu wissenschaftlichen Fragestellungen hochladen. Damit bietet die Video-Plattform die Chance, das Interesse von Nicht-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu wecken, Bildung zu fördern und eventuell auch Citizen Science und Open Science zu fördern. Diese Chancen könnten sicherlich noch systematischer genutzt werden, so wäre etwa mehr Kommunikation rund um einzelne Citizen Science-Projekte denkbar oder die Zusammenarbeit mit populären YouTube-Stars. Dass ein Video wie “The Awesome Power of Citizen Science”, von SciShow, über 300.000 Abrufe verzeichnet, lässt hoffen.

Oder wie es der TheBackyardScientist” in seinem Jubiläumsvideo sagt: “2 Million Subscribers! We’re all Scientists!”


Weiterführende Informationen:

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Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem "Open Economics Guide". (Porträt: Copyright

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