Moderator zwischen Makerspace und MOOC? Im Rahmen des Studiums wandelt sich die Rolle von Bibliotheken

Drei in jüngster Zeit veröffentlichte Reports geben interessante Hinweise: Der NMC Horizon Report: 2015 Library Edition, die 20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung des Hochschulforum Digitalisierung sowie Libraries at Crossroads, eine aus US-Bibliotheken im Allgemeinen bezogene Befragung des PEW Research Center.

Digitalisierung verändert Räume

Neue digitale Orte des akademischen Lehrens und Lernens entstehen. Doch auch wenn außerhalb von Hochschulen neue Formen akademischen Lehrens, Lernens und der Wissensproduktion entstehen, bleibt der Hochschule laut der 20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung ihre Funktion als zentraler Akteur. Doch wie werden diese Orte in Zukunft aussehen?

In der Befragung “Libraries at Crossroads” zeigte sich, dass es eine große Gruppe von Fans traditioneller Medien gibt, ebenso wie eine sehr große Gruppe von Fans digitaler Medien. Über den Zeitraum von mehreren Jahren ist allerdings die Zustimmung für die Entfernung von Büchern zugunsten einer anderen Raumnutzung gewachsen. Zudem wird eine komfortablere Ausstattung von Bibliotheken nunmehr etwas stärker gewünscht.

Zentrierung auf die Lernenden tritt in der Architektur zutage

Die Digitalisierung verändert also bestehende, physische Lernorte. Neben der technischen Ausstattung geht es hierbei darum, dass sie neue Formen der Zusammenarbeit vor Ort zulassen und unterstützen. Der traditionelle Hörsaal verkörpert die Zentrierung auf die Lehrenden. Nun ist laut der 20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung die Zentrierung auf die Lernenden und die kollaborative Wissenserstellung gefordert. “Active Learning Spaces are student-centered workspaces where learners engage in discussion and problem solving while the educator acts as the facilitator of the activity.” (NMC Horizon Report: 2015 Library Edition, S. 10)

Die Einrichtung von studentenzentrierten Arbeitsbereichen wird als wichtig gesehen, ist aber in der Praxis oft noch nicht so weit vorangeschritten: “Die Berücksichtigung von neuen didaktischen Lehr- und Lernstrukturen in der Architektur der Hochschulen – zum Beispiel in den Hochschulbibliotheken – steht vielerorts aber noch aus.” (20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung, S. 12)

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Makerspaces werden zum Standard

Große Einigkeit scheint zu bestehen, dass Makerspaces sich mehr und mehr zum Standardangebot in Bibliotheken mausern: “Makerspaces and online learning are expected to be increasingly adopted by libraries in one year’s time to transform people’s experiences both within and outside their walls. Designed to facilitate creative hands-on activities, makerspaces further position libraries as gateways to new skills, in addition to new knowledge.” (NMC Horizon Report: 2015 Library Edition, S. 1)

Immer mehr Bibliotheken richten Makerspaces ein und bieten damit Zugang zu neuen, inspirierenden Möglichkeiten des Lernens. Viele Bibliotheken sehen dies als Chance, ihre Position als zentralen Ort für Studierende und Hochschulmitarbeiterinnen und –mitarbeiter zu stärken. “During a time when academic libraries are undergoing significant transformation, the addition of makerspaces is solidifying the library’s position as a hub where students and faculty can access, create, or engage in hands-on projects across departmental lines.” (NMC Horizon Report: 2015 Library Edition, S. 36)

Passend dazu sagten 45 Prozent der befragten US-Bürger in der Libraries at Crossroads Befragung, dass Bibliotheken definitiv 3D-Drucker und andere neue Technologien kaufen sollten.

Digitales Lernen unterstützt Heterogenität der Nutzung

Digitale Medien ermöglichen eine aktivierende, studierendenzentrierte Lehre und neue Prüfungsszenarien und können auch die vorhandenen Formen der Präsenzlehre erweitern. Studierende können in ihrer eigenen Geschwindigkeit, mit den Lernmedien und Plattformen lernen, die sie bevorzugen. Durch audiovisuelle und interaktive Medien können authentischere Lehrmaterialien und Aufgaben erstellt werden. Weltweit verteiltes Lernen und Kooperieren von Studierenden wird möglich. (vgl. 20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung) Dazu gehört auch die Fähigkeit, diese Möglichkeiten gekonnt einzusetzen: 78 Prozent der zu US-Bibliotheken Befragten finden, dass Bibliotheken definitiv Programme anbieten sollten, um den Umgang mit Digitalen Tools zu trainieren. (“Libraries at Crossroads”)

Generell führen digitale Lehr- und Lernangebote sowie Präsenzangebote, die sich je nach Studierendengruppe stark unterscheiden können und eine zunehmend heterogen zusammengesetzte Studierendenschaft, die in den verschiedenen Phasen ihres Studienverlaufs unterstützt werden soll, zu neuen, sehr unterschiedlichen Anforderungen an Bibliotheken. Wenn Hochschulen dank der Digitalisierung mehr berufsbegleitende wissenschaftliche Weiterbildungsangebote anbieten, erfordert dies begleitende Betreuungsangebote, die zukünftig noch viel stärker individuell zugeschnitten sein werden. (20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung)

Die neue “virtuelle Mobilität” könnte zudem ein Studium an deutschen Hochschulen ermöglichen, ohne dass die Studierenden zwangsläufig in Deutschland anwesend sind. Auch dies könnte Bibliotheken beim Erbringen ihrer Dienstleistungen vor neue Herausforderungen stellen. (20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung)

Digitales Lernen, insbesondere in Form von MOOCs, beeinflusst die Rolle von Bibliotheken zunehmend: “(…) major implications for libraries as they plan for the future, especially now that many are taking the lead to ensure privacy, content sharing, intellectual property, and accreditation concerns are addressed in the planning stages for MOOCs.” (NMC Horizon Report: 2015 Library Edition, S. 38)

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Neue Rollen und Anforderungen

Generell lassen sich veränderte Rollen- und Anforderungsprofile für Hochschulangehörige erkennen. Die Entwicklung geht hin zu einer mehr begleitenden, ermöglichenden Funktion im individuellen Lernprozess der Studierenden, der durch mehr Eigenverantwortung gekennzeichnet ist. Verstärkt werden zudem mehrere Personen gemeinsam den Lernprozess gestalten: Mediendidaktiker, Programmierer, Lehrassistenten beispielsweise. Daher bedarf es entsprechender Beratungsangebote, Aus- und Fortbildungsangebote für Lehrende und andere Hochschulmitarbeiter. (vgl. 20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung)

Hierzu gibt es ein interessantes Youtube-Video: “MOOCs und Bildung: Neun gelernte Lektionen”, ein Vortrag von Jörn Loviscach, gehalten an der Universität Bielefeld am 26. Juni 2014.

Die veränderten Rollen- und Anforderungsprofile treffen auf Bibliotheksmitarbeiterinnen und –mitarbeiter im Besonderen zu. “Many libraries are in the midst of rearranging their organizations, resulting in the creation of new departments, positions, and responsibilities for library professionals.” (NMC Horizon Report: 2015 Library Edition, S. 28) Makerspaces und MOOCs, neue digitale Lehrmaterialien und individuellere Angebote hinterlassen auch hier ihre Spuren.

Bremsklötze der Entwicklung

Bislang wird die Digitalisierung an deutschen Hochschulen aber unter anderem aufgrund fehlender rechtlicher Rahmenbedingungen noch ausgebremst. Dies betrifft sowohl den Datenschutz wie auch das Urheberrecht, das nach Ansicht der Verfasser der 20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung noch im analogen Zeitalter verfangen ist und innovative Nutzungsszenarien erschwert: “Eine Urheberrechtsreform würde es Lehrenden und Lernenden ermöglichen, Lehrmaterialien zeitgemäß zu erschließen, zu nutzen und weiter zu bearbeiten.” (20 Thesen zur Digitalisierung der Hochschulbildung, S. 17)

Die kompletten Reports zum Nachlesen:

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Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem "Open Economics Guide". (Porträt: Copyright

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